1. Korinther 12, 4-27 Du kannst das

Liebe Gemeinde,

Wir haben im Vorbereitungsteam einen langen Predigttext ausgesucht.
Ich fange mal hinten beim letzten Vers an.

27 Ihr alle seid zusammen der Leib von Christus, und als Einzelne seid ihr Teile an diesem Leib.                                                                                                  (Alle Bibeltexte Gute Nachricht Übersetzung)

Die Gemeinde als Leib Jesu, darum geht es heute. Ein Leib, der aus vielen ganz verschiedenen Körperteilen besteht. Fünf Zehen an jedem Fuß, fünf Finger an jeder Hand, zwei Augen, zwei Ohren, viele Gelenke und Knochen, und wenn einer fehlt, tut das weh. Dann ist der Leib nicht ganz. Seine Funktionen sind eingeschränkt. Eine Hand mit drei Fingern kann nicht gut zugreifen. Ein Fuß mit drei Zehen gibt wenig Halt.  Ganz zu schweigen davon, wenn man nur drei Rippen oder drei Wirbel oder nur drei Zähne hätte. Jede und jeder sind wichtig. Gott selbst fügt den Leib zusammen. Jede und jeder ist ihm und ist für seinen Leib wichtig.

Es gibt keine Christen außerhalb des Leibes Christi. Der Ton liegt auf „Ihr alle“. „Ihr alle,“ ohne Ausnahme, ihr alle bildet zusammen den Leib Christi. Christ ist man nicht allein, sondern immer mit anderen zusammen. „Ein Christ allein geht ein!“ hat Adolf Sommerauer gesagt. Ein Christ allein erlebt nicht, was Gott ihm durch andere Christen zukommen lassen will. Er wird nicht ergänzt, korrigiert, getragen, ermutigt durch die Gemeinschaft. Er erlebt nicht, wenn andere beten, wo ihm die Worte fehlen. Er erlebt nicht, wenn andere helfen, wenn jemand hilflos ist. Er erlebt nicht, wie es ist, mit anderen zusammen Gott zu loben und ihm zu dienen. Ein Christ allein hat es schwer, seinem Auftrag in dieser Welt nachzukommen. Wir sind viele und wir sind einer. Ein Leib.

Ich lese die Verse 4-6

4 Es gibt verschiedene Gaben, doch ein und derselbe Geist teilt sie zu. 5 Es gibt verschiedene Dienste, doch ein und derselbe Herr macht dazu fähig. 6 Es gibt verschiedene Wunderkräfte, doch ein und derselbe Gott schenkt sie – er, der alles in allen wirkt.

Das griechische Wort für Gabe heißt Charisma. Charis ist die Gnade. „Aus Charis sind wir gerettet.“ Aber seine Gnade sollen wir heute schon erleben. Charisma ist ein Teil der Gnade, einen Gnadengabe, jedes Charisma ein Teil der Gnade, die Gott der Gemeinde schenken will. Gott gibt seine Gnade, die wir erleben sollen, nicht einem oder wenigen, die dann alles haben für die Gemeinde, er verteilt seine Gnade auf alle. Gott gibt nicht einen großen Geldschein, er verteilt es als Kleingeld, er verteilt seine Gnade auf alle und wenn sie zusammenwirken, dann erleben sie die Fülle von dem, was er ihnen schenken will.

Paulus unterscheidet Gaben, Aufgaben und besondere Kräfte. Er argumentiert trinitarisch:  Der Geist teilt die Gaben zu. Christus, der Herr, er befähigt für die verschiedensten Aufgaben und Ämter. Gott, der Vater, schenkt Wunderkräfte. Vielleicht hat Paulus hier an Heilungsgaben gedacht oder besondere Glaubenskräfte, vielleicht auch an das so genannte Sprachengebet. Gott schenkt Begabungen und es gibt viele verschiedene Aufgaben, Dienste, Ämter, die besondere Gaben erfordern. Der Herr selbst befähigt dazu.

Ich lese Ver7-12

7 Doch an jedem und jeder in der Gemeinde zeigt der Heilige Geist seine Wirkung in der Weise und mit dem Ziel, dass alle etwas davon haben.
8 Die einen befähigt der Geist dazu, Gottes weisheitsvolle Pläne zu enthüllen; andere lässt er erkennen, was in einer schwierigen Lage getan werden soll. 9 Derselbe Geist gibt den einen besondere Glaubenskraft und den anderen die Kraft, zu heilen. 10 Der Geist ermächtigt die einen, Wunder zu tun; andere macht er fähig, Weisungen Gottes zu verkünden. Wieder andere können unterscheiden, was aus dem Geist Gottes kommt und was nicht. Die einen befähigt der Geist, in unbekannten Sprachen zu sprechen, andere dazu, es auszulegen. 11 Aber das alles bewirkt ein und derselbe Geist. So wie er es will, teilt er jedem und jeder in der Gemeinde die eigene Fähigkeit zu.

Paulus zählt verschiedene Gaben auf.  Weisheit, Erkenntnis, prophetische Rede, Gaben von Heilungen, das Sprachengebet und andere. Ich kann nicht auf die einzelnen Gaben eingehen. Was wichtig ist: Alles das bewirkt der eine Geist. Er teilt jedem Fähigkeiten zu. Die Unterschiedlichkeit und die Einheit aller werden betont.

Dieser Gabenkatalog ist eine Auswahl. Es sind Beispiele. Auch im Römerbrief, Kapitel 12, finden wir einen solchen Gabenkatalog. Da finden wir z.B. auch die Gabe des Dienens oder der Unterweisung, der Lehre, Gutes zu tun oder andere zu ermutigen. Die Gaben der Gastfreundschaft oder der Seelsorge können wir ergänzen. Empathisch zu sein oder zu leiten, organisieren zu können, ein Team aufzubauen.

„Du kannst das“, haben wir diesen Gottesdienst überschrieben. Alles, was du gut kannst, das hast du von Gott. Menschen begrüßen, an der Technik arbeiten, kochen, dekorieren, etwas schön machen, Leidende begleiten, Kindern eine gute Zeit schenken. Alles hast du von Gott. Und Vers 7 ist so etwas wie die Mitte des ganzen Kapitels:

7 An jedem und jeder in der Gemeinde zeigt der Heilige Geist seine Wirkung in der Weise und mit dem Ziel, dass alle etwas davon haben. Martin Luther hat übersetzt: Durch einen jeden offenbart sich der Geist zum Nutzen aller.

Was Gott dir geschenkt hat, das hast du nicht für dich allein, sondern für die anderen, zum Wohl der Gemeinde und zu ihrem Auftrag in dieser Welt. Durch das, was du kannst, will der Heilige Geist sich zeigen! Mit dem, was du in Liebe und Treue einbringst, ehrst du Gott.

Als das Bildungszentrum unseres Gemeindebundes in Elstal fertig gebaut war, kamen Aufräum- und Putzhelfer aus den USA. Ehrenamtliche Einsätze werden in vielen Gemeinden dort großgeschrieben. Christen nehmen sich Urlaub, um andere zu unterstützen. – In den Treppenhäusern der Wohnhäuser in Elstal gibt es große Sprossenfenster mir vielen einzelnen kleinen Fenstern, vielleicht 15 x 15 cm. Eine Amerikanerin hatte es übernommen, sie zu putzen. Sie hatte einen kleinen Wasserschieber mit Gummi vorne in der Hand. Nach einer Weile putzte sie jedes Fenster indem sie am Ende mit ihrem kleinen Werkzeug drei Mal über das kleine Glas wischte, und jedes Mal sagte sie: „Jesus is the Lord.“ Verteilt auf ihre drei Bewegungen: „Jesus is the Lord.“ Sie putz in ihrem Urlaub Fenster in Deutschland. Gott zur Ehre.

Durch das, was du kannst, will der Heilige Geist Gemeinde bauen. Viele sollen etwas davon haben, dass du handwerklich begabt bist. Die Gemeinde soll davon profitieren, dass du dich mit der Technik gut auskennst. Wenn du gut kochen kannst, bringe dich in der Küche ein. Biete einen Kochkurs an, für alleinlebende Männer, ich wäre dabei. Wenn du freundlich auf Menschen zugehen kannst und die Zeit hast, sonntags früher zu kommen, mache beim Begrüßungsdienst mit.

Ich lese die Verse 12-14:

12 Der Körper des Menschen ist einer und besteht doch aus vielen Teilen. Aber all die vielen Teile gehören zusammen und bilden einen unteilbaren Organismus. So ist es auch mit Christus: mit der Gemeinde, die sein Leib ist. 13 Denn wir alle, Juden wie Griechen, Menschen im Sklavenstand wie Freie, sind in der Taufe durch denselben Geist in den einen Leib, in Christus, eingegliedert und alle mit demselben Geist erfüllt worden. 14 Ein Körper besteht nicht aus einem einzigen Teil, sondern aus vielen Teilen.

Alle gehören dazu. Ob sie Juden oder Griechen sind, Freie oder Sklaven, im Galaterbrief ergänzt Paulus, ob sie Frauen oder Männer sind.  Ich ergänze: Ob Jung oder Alt, Reich oder Arm, mehr oder weniger gebildet, egal mit welcher Muttersprache. Alle, die zu Jesus gehören, bilden den einen Leib.

Und Paulus meint hier den sichtbaren Leib Jesu! Öfter schon habe ich gehört, der Leib Jesu sei unsichtbar. Für die Gesamtheit des Leibes Christi stimmt das! Wer wollte die Grenzen ziehen? Wer will sagen, wer noch dazu gehört und wer nicht? Das Volk Gottes in seiner Gänze ist nicht greifbar, in seiner Größe nicht zu fassen, unsichtbar ist es hoffentlich nie.

Das Bild vom Leib aber gebraucht Paulus für die konkrete Ortsgemeinde, für Christen, die an einem Ort leben und Gemeinde bilden. Da weiß man, wer dazu gehört, wer sich einbringt. Da weiß man, wer leidet oder Schweres durchmacht und die anderen besonders braucht. Da erlebt man die gemeinsame Freude an Christus, die Ergänzung, die Hilfe und den Trost der anderen. Keine Gemeinde und keine Konfession sind der ganze Leib Christi, wenn man das Volk Gottes meint. Aber jede Gemeinde soll eine Konkretion, eine Wirklichkeit des Leibes Jesu sein. In jeder Gemeinde soll das geschehen, was Paulus hier beschreibt.

Die Gemeinde ist ein Organismus. Man kann auch sagen, jede Gemeinde ist ein System.  Christen bilden ein System, das der Geist Gottes in Bewegung hält. Was ist ein System? Ich lese uns eine Definition vor:

„Ein System ist eine Verbindung und Vernetzung von einzelnen Gliedern zu einem höheren Ganzen. Systeme haben Eigenschaften, die mehr sind als die Summe der Eigenschaften der einzelnen Glieder. Dieses Mehr folgt aus der Integration der Einzelnen in das System, ihrem Zusammenwirken und ihrer gegenseitigen Beeinflussung!“                                                                                                                                                      (Quelle weiß ich nicht mehr)

Christen, die miteinander in Gottes Geist verbunden leben, erleben  und  wirken Dinge, die sie nie erleben und wirken könnten, wenn jeder für sich glauben, arbeiten und  dienen würden. –  Ein Leib ist mehr als die Summe seiner Teile. Alle Körperteile nebeneinander gelegt sind noch kein Leib. Ein Mitgliederverzeichnis, in dem viele Namen aufgelistet sind, ist noch keine Gemeinde. Sind sie aber lebendig verbunden, dann sind sie einer, dann sind sie etwas ganz Neues, dann sind sie der Leib Christi. – „Ihr seid der Leib Christi!“ schreibt Paulus der Gemeinde in Korinth, nicht einer imaginären, erdachten, unsichtbaren Größe.

Ich lese die Verse 15-21

15 Wenn der Fuß erklärt: »Ich gehöre nicht zum Leib, weil ich nicht die Hand bin« – hört er damit auf, ein Teil des Körpers zu sein? 16 Oder wenn das Ohr erklärt: »Ich gehöre nicht zum Leib, weil ich nicht das Auge bin« – hört es damit auf, ein Teil des Körpers zu sein? 17 Wie könnte ein Mensch hören, wenn er nur aus Augen bestünde? Wie könnte er riechen, wenn er nur aus Ohren bestünde? 18 Nun aber hat Gott im Körper viele Teile geschaffen und hat jedem Teil seinen Platz zugewiesen, so wie er es gewollt hat. 19 Wenn alles nur ein einzelner Teil wäre, wo bliebe da der Leib? 20 Aber nun gibt es viele Teile, und alle gehören zu dem einen Leib.
21 Das Auge kann nicht zur Hand sagen: »Ich brauche dich nicht!« Und der Kopf kann nicht zu den Füßen sagen: »Ich brauche euch nicht!«

Beides kann es geben: Dass jemand sagt, ich bin nicht so begabt wie die anderen, ich habe hier keinen Platz, meine Fähigkeiten werden nicht gebraucht. So ist das, wenn das Ohr sagt, ich bin kein Auge, ich gehöre nicht dazu.  Eine schreckliche Vorstellung: Ein Leib, der nur aus Ohren besteht. Du kannst vielleicht vieles nicht, oder du traust dich nicht, manches einmal auszuprobieren. Aber du strafst Gott selbst Lügen, wenn du sagst, du kannst gar nichts,  du seist wertlos,  was dich ausmacht  und was du mitbringst,  darauf könnten Gott und die Gemeinde verzichten.

In einem Gleichnis, in dem Gleichnis von den anvertrauten Talenten, geht Jesus genau darauf ein, dass Gott Menschen Gaben anvertraut und dass die, die meinen wenig zu haben, ihre Gaben vergraben. In dem Gleichnis bekommen sie ein hartes Urteil! Du bist nur verantwortlich für das, was Gott dir anvertraut hat, aber dafür bist du verantwortlich.

Und das andere gibt es auch: Dass jemand sagt, ich bin ein Auge, ich brauche kein Ohr. Dass jemand meint, seine Gabe reiche aus, mehr brauche er nicht. Christen, die stolz auf ihre Gaben sind. Ich habe eine so große Bibelkenntnis, mehr brauche ich nicht. Ich kann predigen oder leiten oder moderieren oder alles so gut organisieren, mehr brauche ich nicht. Auch du belügst dich. Du gibst Gott nicht Recht. Du brauchst Ergänzung.

Jeder kann etwas. Niemand kann alles. Wir sind der Leib Jesu, von ihm durchblutet und miteinander verbunden. Nur tote Körperteile lassen sich weglegen: Der Opa meines Freundes hatte ein Glasauge. Tatsächlich hat er es zum Schlafen herausgenommen und in eine Schale auf den Nachttisch gelegt. Mit einem lebendigen durchbluteten verbundenen Körperteil kann man das nicht machen. „Ein Christ allein geht ein“ hat Adolf Sommerauer gesagt. Ein lebendiger Christ braucht den Leib Jesu.

Ich lese die Vere 22-26

22 Gerade die Teile des Körpers, die schwächer scheinen, sind besonders wichtig. 23 Die Teile, die als unansehnlich gelten, kleiden wir mit besonderer Sorgfalt und die unanständigen mit besonderem Anstand. 24 Die edleren Teile haben das nicht nötig. Gott hat unseren Körper zu einem Ganzen zusammengefügt und hat dafür gesorgt, dass die geringeren Teile besonders geehrt werden. 25 Denn er wollte, dass es keine Uneinigkeit im Körper gibt, sondern jeder Teil sich um den anderen kümmert. 26 Wenn irgendein Teil des Körpers leidet, leiden alle anderen mit. Und wenn irgendein Teil geehrt wird, freuen sich alle anderen mit.

Diese letzten Verse möchte ich nicht auslassen. Es gibt Gaben und es gibt Aufgaben und es gibt Menschen, die wenig geben können, aber viel Zuwendung brauchen. – Viele Menschen haben Teile ihres Körpers, die sie nicht mögen. Bauch, Brust, Beine, Po. Manches kann man versuchen zu verstecken: Streifen machen schlank. Weite Hemden verdecken den Bauch.

Es gibt Menschen, die schwächer erscheinen, und sie sind Gott besonders wichtig, schreibt Paulus. „Gott hat dafür gesorgt, dass die geringeren Teile besonders geehrt werden.“ Gemeinde Jesu zeigt sich immer in ihrer Liebe zu den Schwachen. Gemeinde Jesu ist meine Firma, wo man die vergisst, die schwach sind. Nicht nur die, die toll mitarbeiten, gehören dazu, sondern auch die, die andere Menschen brauchen, weil sie schwach sind, krank, gefährdet, nicht belastbar, kaum in der Lage, eigene Entscheidungen zu treffen, ihre Wohnung oder ihr Bett nicht mehr verlassen können, Menschen, die das Leben gebeutelt hat.

Vielleicht denkt Paulus an den Schambereich. „Die Teile, die wir als unansehnlich empfinden, kleiden wir mit besonderer Sorgfalt und die unanständigen mit besonderem Anstand.“  Wer Menschen dient, die Menschen brauchen, der dient Christus!  „Wenn einer leidet, leiden alle mit.“ Wenn die Zähne weh tun, dann tanzen die Füße nicht. Es ist dem Ohr nicht egal, wenn das Auge entzündet ist. „Wenn einer leidet, leiden alle mit.“

Ich komme zum Schluss: An anderer Stelle vergleicht Paulus die Gemeinde mit einem Brief Christi an diese Welt. Die Welt soll die Christen lesen. Jesus selbst soll in ihrer Gemeinschaft zu lesen sein. Jede Gemeinde ist eine Schreibmaschine, eine Tastatur. Jeder Einzelne ist ein Buchstabe.   Wenn ein Buchstabe fehlt, liest es sich so:

Di  Gmeind ist in Brif Christi an dis Wlt.
Di Wlt soll Gotts gut Nachricht und sine Lib in ihr lsn.

Jeder Buchstabe, der fehlt, macht den Brief unleserlicher. „Gemeinsam schaffen wir das“ war das Thema des letzten Sonntags. Das Thema heute lautet: „Du kannst das!“ Du bist ein Buchstabe in Gottes Alphabet für diese Gemeinde in Kassel in dieser Zeit. Du kannst das – und du sollst das – was Gott dir anvertraut hat, einbringen.

Amen.

Wunsch:
Ich wünschte mir einen oder zwei Abende, zu denen viele kommen mit der Frage, mit dem Wunsch danach, wo kann ich mich, so wie ich bin, einbringen. Ohne jeden Druck, aber als Hilfe für Einzelne, ihren Platz zu finden, Jesus du der Gemeinde zu dienen.

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