4. Mose 11, 10-17.24-28 Wir schaffen das!

„Wir schaffen das!“ haben wir den Gottesdienst überschrieben. Mose schafft es nicht mehr. Mose kann nicht mehr. Er geht kaputt. Mose leidet unter den Aufgaben und unter den Menschen, die Gott ihm anvertraut hat. Das Volk jammert und immer und mit allem kommen sie zu ihm. Sie haben die Wüste satt. Und das Manna. Jeden Tag Manna, Korianderbrot, aber eben nur Brot von Gott. Die Menschen sehen Gott nicht mehr auf ihrem Weg.

Am Anfang war es noch anders. Gott hatte sie aus Ägypten befreit. Die Freude war groß. Begeistert sind sie losgezogen. Sie haben Ägypten verlassen, sie haben Gott vertraut.  Mose, er war ihr Held,  der Mund Gottes, er hat große Wunder gewirkt. Am Anfang haben sie noch gedacht, mit Gott gehe ich überall hin.

Inzwischen haben sie vergessen, was Gott getan hat. Das neue Leben ist so furchtbar trocken geworden. Keine Leidenschaft mehr. Kein Vertrauen in neue Wege. Keine Lust mehr auf Gottes Wege in ihrem Leben. Sie haben vergessen, dass sie mit Gott auf dem Weg sind. Vergessen, dass er sie in ein wunderbares Land führen will. Wüste, Hitze, Durst, Manna, das nervt und das Volk murrt und mit allem kommen sie zu Mose. „Tu was, Mose!“

Und Mose war einer, der alles tut für sein Volk, der sich alles anhört, für alle betet, ihr Leiter, Tröster, Seelsorger, Verkündiger. Ein Mensch, der sich von Gott berufen weiß, und alles für seinen Dienst tut. Über seine Grenzen, über seine Kräfte hinaus. Das ist eine sehr ungesunde Mischung: Menschen mit ständig neuen hohen Erwartungen und ein Mann, der für alles sorgen will. Ihr Held. Und jetzt kann er nicht mehr. Mose ist ausgebrannt, depressiv, lebensmüde.  Mose gibt auf. Er gesteht seine Schwäche ein. Endlich vielleicht. Mose geht zu Gott und betet.

Ich lese 4. Mose 11, Vers 10 Ende bis Vers 17 und die Verse 24-25
(Gute nachricht Übersetzung)

Mose war die ganze Sache leid 11 und sagte zum HERRN: »Warum tust du mir, deinem Diener, dies alles an? Womit habe ich es verdient, dass du mir eine so undankbare Aufgabe übertragen hast? Dieses Volk liegt auf mir wie eine drückende Last. 12 Schließlich bin ich doch nicht seine Mutter, die es geboren hat! Wie kannst du von mir verlangen, dass ich es auf den Schoß nehme wie die Amme den Säugling und es auf meinen Armen in das Land trage, das du ihren Vätern zugesagt hast?
13 Fleisch wollen sie; sie liegen mir in den Ohren mit ihrem Geschrei. Woher soll ich Fleisch nehmen für ein so großes Volk? 14 Ich allein kann dieses ganze Volk nicht tragen, die Last ist mir zu schwer. 15 Wenn du sie mir nicht erleichtern willst, dann hab wenigstens Erbarmen mit mir und töte mich, damit ich nicht länger diese Qual ausstehen muss.« 16 Der HERR antwortete Mose: »Versammle siebzig angesehene Männer aus dem Kreis der Ältesten Israels, die sich als Aufseher bewährt haben, und hole sie zum Heiligen Zelt. Dort sollen sie sich neben dir aufstellen.17 Ich werde herabkommen und mit dir sprechen, und dann werde ich von dem Geist, den ich dir gegeben habe, einen Teil nehmen und ihnen geben. Dann können sie die Verantwortung für das Volk mit dir teilen und du brauchst die Last nicht allein zu tragen. (…)
24 Mose ging hinaus und teilte dem Volk mit, was der HERR gesagt hatte. Er versammelte siebzig Männer aus dem Kreis der Ältesten Israels und stellte sie rings um das Heilige Zelt auf. 25 Da kam der HERR in der Wolke herab und redete mit Mose. Er nahm einen Teil des Geistes, den er Mose gegeben hatte, und gab ihn den siebzig Ältesten. Als der Geist Gottes über sie kam, gerieten sie vorübergehend in ekstatische Begeisterung wie Propheten.

Mose betet. Gott muss etwas tun. Menschlich ist da nichts zu machen. Seine Worte fruchten nicht. Appelle helfen nicht. Das Volk will nicht mehr und Mose kann nicht mehr. Mose betet verzweifelt. „Sei gnädig, Gott, und lass mich lieber sterben.“ Gott hört und er hilft dem ganzen Volk!

Was passiert, liest sich wie eine alttestamentliche Pfingstgeschichte. Mose soll 70 von den Ältesten aussuchen. 70 angesehene, erfahrene, bewährte Familien- oder Sippenhäupter. Sie alle wurden Älteste genannt. Mose soll sie zum Heiligen Zelt bringen und sie neben sich stellen. Neben sich, nicht unter sich!  Alle in einer Reihe. Das ist wichtig! Sie werden nicht Mitarbeiter von Mose sondern Gottes Mitarbeiter!

Sie bekommen von dem Geist, den auch Mose empfangen hat. Sie bekommen denselben Auftrag, sie bekommen eigene Verantwortung. Gemeinsam werden sie es schaffen! Mose ist nicht die große Instanz im Hintergrund, der sich überall einmischt, wenn er es anders machen würde.  Mose behält nicht alle Fäden in der Hand. Er kann und soll abschalten von Aufgeben, die jetzt in den Händen andere liegen. Es ist jetzt ihre Verantwortung. Nicht Aufgaben werden delegiert, sondern Verantwortungen.

Gott hätte auch anders helfen können. Er hätte Mose trösten und ihm neue Kraft geben können. Heute würde man einem solchen Allestuer, einem solchen Mädchen für alles, eine Therapie empfehlen. „Sorge mehr für dich“ würde man ihm sagen. Vielleicht noch ein paar Antidepressiva, dann wird es wieder gehen.

Gott hätte doch Mose wiederherstellen und stärken können. Oder er hätte ihn absetzen und einen neuen Allestuer einsetzen können. Der Fehler aber liegt im System. Mose oder ein Nachfolger von ihm, sie würden bald wieder ausgebrannt sein. Das nächste Burnout wäre nur eine Frage der Zeit gewesen. Gott verteilt die Verantwortung und er befähigt andere zu ihrem Dienst. Mose soll und muss Macht teilen. Die 70 werde nicht alles so tun und entscheiden und gestalten, wie Mose es tun würde, aber Gott hat sie eingesetzt.

Die 70 bekommen ihre ganz eigene Gotteserfahrung. Gott kommt ihnen so nahe wie er vorher nur Mose gekommen ist. Sie bekommen auch den Heiligen Geist und sie können sich vor Freude kaum einkriegen. „Ich bin wichtig! Ich bin Gott wichtig! Ich bin ein Mitarbeiter Gottes.  Gott vertraut mir.  Gott traut es mir zu.  Er will mich für seine Sache gebrauchen.  Ich bin wertvoll.  Ich arbeite von Gott berufen in einem großen Team. Wir schaffen das!

Die 70 geraten in Verzückung, sie geraten in Begeisterung, sie erleben, auch für anderen sichtbar, einen Ausnahmezustand. Der Heilige Geist erfüllt sie so, dass sie nicht mehr still halten können vor Freude. Von Propheten kannte das Volk so etwas, wenn Gott sie packte, sie aufwühlte, zu ihnen redete. Nicht bei allen Propheten, aber doch so, dass es  geradezu  sprichwörtlich  wurde: Propheten haben ekstatische Erlebnisse. Auch David geriet einmal in Verzückung und gleich sagten einige „Gehört David jetzt auch zu den Propheten?“

Warum hat Gott den 70 die Erfahrung der Verzückung geschenkt? Sie werden nicht immer von ihren Aufgaben entzückt sein. Sie werden nicht bei jeder Arbeitsbesprechung in Verzückung geraten und auf den Tischen tanzen. Wer arbeitet wird nicht immer nur jubeln!

Warum diese Ausnahmeerfahrung für die 70? Wollte Gott die 70 vor dem Volk als Bevollmächtigte auszeichnen?  Ich weiß es nicht, aber ich vermute, sie sollten sich ihrer Berufung gewiss  sein. Sie sollten erfahren, dass Gott sie berührt, dass es Gott selbst ist, der sie ruft, und sein Geist sie erfüllt. Die Verzückung war ihre Berufungserfahrung. So wurden sie von Gott in ihren Dienst eingesetzt. Öffentlich. Wir würden Mitarbeitende vielleicht vor der Gemeinde segnen, das wäre auch eine öffentliche Einsetzung.

Nach dieser besonderen Erfahrung beginnt der Alltag. Die Arbeit beginnt. Jetzt können sie nicht mehr draußen vor der Tür stehen mit den anderen und über Mose reden. Jetzt haben sie den Heiligen Geist empfangen. Jetzt sind sie mit verantwortlich, dass das Volk mit Gott auf Gottes Weg bleibt. Der Heilige Geist macht verantwortlich!  Meckerer werden zu Mitarbeitern, Kritisierer zu Mitverantwortlichen. Jetzt sind sie keine Sklaven mehr wie in Ägypten, die immer einen brauchen, der ihnen sagt, was sie tun sollen.

Bemerkenswert finde ich, dass keiner der 70 Nein sagt. Keiner lehnt den Ruf ab. Keiner braucht noch Bedenkzeit oder muss seine Frau fragen oder seine Lebenssituation bedenken oder prüfen, ob es in seine Karriere passt. Gottes Ruf hat höchste Priorität. Das ist auch im neuen Bund so:  Wenn Jesus Menschen ruft, dann kommt man.

Bevor ich getauft wurde 1974 gab es ein Gespräch mit zwei Ältesten der Gemeinde. Es ging darum, Jesus nachzufolgen, Jesus die Priorität im Leben zu geben. Und einer erzählte, dass er zwei oder drei gute Stellenangebote an verschiedenen Orten hatte. Er hätte dann nachgesehen,  wo da eine Gemeinde sei, zu der er gehören und in der er sich einbringen könnte. So habe er sich damals für Achim bei Bremen entschieden. Woanders hätte er mehr verdienen können, sagte er. Ich konnte mit damals 13 Jahren damit wenig anfangen. Heute kann ich viel damit anfangen. Wo lebst du? Warum hat Gott dich gerade dorthin gestellt?  Welchen Stellenwert in deinem Leben hat es, wo Gott dich gebrauchen will?

Ich kenne junge Menschen, die sind in ein Stadtviertel gezogen, wo viele sozial schwache Menschen leben. Sie wohnen in einem von vielen Hochhäusern und könnten es viel schöner haben.  Sie haben gefragt, wo Gott sie gebrauchen will, laden Menschen zu sich nach Hause ein, haben ein Angebot für Kinder in diesem Stadtteil aufgebaut. Man muss nicht nach Afrika ziehen, um ein Missionar Gottes zu sein. Es gibt sie heute noch, Christen, die fragen, wo Gott sie gebrauchen will  und die ihr Leben danach ausrichten.

Die Geschichte mit Mose und den 70 geht übrigens noch weiter. Gott sucht auch die Drückeberger.
Ich lese 4. Mose 11, 26-29

26 Zwei Männer, die ebenfalls auf der Liste der siebzig standen, Eldad und Medad, waren nicht zum Heiligen Zelt gegangen, sondern im Lager geblieben. Aber auch über sie kam der Geist Gottes und sie wurden von ekstatischer Begeisterung ergriffen. 27 Ein jun-ger Mann lief zu Mose und erzählte ihm, was mit Eldad und Medad geschehen war. 28 Josua, der Sohn Nuns, der von Jugend an Moses Diener war, mischte sich ein und sagte zu Mose: »Lass das nicht zu!« 29 Aber Mose erwiderte: »Fürchtest du um mein Ansehen? Ich wäre froh, wenn alle Israeliten Propheten wären. Wenn doch der HERR seinem ganzen Volk seinen Geist gegeben hätte!«

Eldad und Medad, die beiden hatte Mose auch auf seinem Zettel. Aber sie kamen nicht. Es steht nichts davon, dass sie krank gewesen wären oder ernstlich verhindert. Sie blieben im Lager. Vielleicht lagen sie auf ihrem Lager. Was da in der Versammlung vor Gottes Zelt passierte, interessierte sie nicht. Es gibt bestimmt genug Mitarbeitende, dachten sie vielleicht.  Oder sie scheuten die Verantwortung. Sie waren einfach zu, verschlossen für einen Auftrag Gottes. Ich sage es einmal sehr dumm: Vielleicht lief etwas Gutes im Fernsehen oder sie haben das Zelt gereinigt oder sie hatten ein Hobby, dass sie in Anspruch nahm.

Gott aber hält an seiner Beauftragung fest! Ähnlich wie bei Jona, der vor seiner Berufung fliehen will, den Gott erst ins Meer werfen und im dunklen Bauch eines Wales zur Vernunft bringen muss.

Eldad und Medat geraten auch in Verzückung. Gott erreicht sie, wo sie sind. Gott will sie beauftragen. Gott akzeptiert ihre Entschuldigung nicht, egal was es war. Josua und einige andere ärgert das. „Das geht nicht. So darf Gott nicht handeln. Ekstasen gibt es nur im Bundeszelt, nur wenn alle zusammen sind, nur wenn Mose dabei ist.“ Josua will den Geist Gottes regeln. Der Geist soll gefälligst hier wirken. So war es abgemacht. So stand es im Gottesdienstplan. Josua, engster Mitarbeiter von Mose, er bedrängt ihn: „Lass das nicht zu! Tu etwas dagegen!“

Interessant was Mose antwortet:  »Hast du Angst um mein Ansehen? Ich wäre froh, wenn alle Israeliten Propheten wären. Wenn doch der Herr seinem ganzen Volk seinen Geist gegeben hätte!« Josua hat Angst, dass Mose in seiner Autorität Schaden nimmt. „Sie handeln nicht so, wie du es gesagt hast. Sie sind nicht gekommen. Setze ihnen einen Riegel vor!“

Mose geht es nicht um sich.  Es ist Gottes Geist, der wirkt. Gott selbst ist den beiden nachgegangen und hat sie gerufen. „Wenn Gott doch seinem ganzen Volk seinen Geist gegeben hätte!“ sagt Mose. – Das ist Pfingsten passiert. Diese Bitte hat Gott erhört. Das ist die Verheißung des neuen Bundes. Jeder und jede (!), die Jesus glaubt, die mit ihm lebt, wird seinen Heiligen Geist empfangen.

Muss ich das noch sagen? Christen sind auf dem Weg ins verheißene Land in der Ewigkeit. Das ist das Ziel. Auf dem Weg folgen sie Jesus. Sie sind in die Welt gesandt, wie der Vater den Sohn gesandt hat. Nicht nur wir sollen beim Vater ankommen, sondern alle Christen und viele sollen zum Glauben kommen und das Ziel erreichen.

Und auf dem Weg soll es Gemeinden geben, die vom Heiligen Geist erfüllt sind. Gemeinden mit Menschen, die sich nicht ausruhen, sondern die weitergehen, die den Auftrag Jesu und seine Verheißung im Herzen haben, die sich dafür einsetzen und hingeben, auch wenn der Weg manchmal durch die Wüste geht.

Schafen wir das? Haben wir auch 70 Älteste? Menschlich schaffen wir das nicht, aber wir dürfen beten. Appelle helfen wenig oder nur kurzfristig. Gott muss etwas tun! Gott muss Menschen berühren, erinnern, neu begeistern. Die Freude an Jesus, neu von Gott berührt zu werden, zu wissen, dass sie wichtig sind, das befreit Menschen dazu, Jesus nachzufolgen. Der Heilige Geist ist es, der das Feuer entfacht.

Dann brennen Christen dafür, Kinder zu begleiten, damit sie auf dem richtigen Weg zum Ziel kommen. Dann bekommen Christen ein Herz dafür, alte Menschen auf ihrem Weg zu begleiten. Wenn Gottes Geist sie neu erfüllt, dann brennen Christen dafür, Menschen Gottes Liebe zu bringen. Christen sind Menschen, die Gott mitnimmt in seine Leidenschaft für diese Welt.

Gott ruft und die 70 stellen sich. „Hier bin ich“, sagen sie. „Ich bin bereit.“ Das ist in aller Regel wohl die Voraussetzung. Eldat und Medat bekommen einen Hausbesuch von Gott. Jona schickt er einen Wal. Erst dann hat Jona gesagt „Hier bin ich Herr, sende mich!“

Würdest du dich mit anderen in eine Reihe stellen, wenn Gott Verantwortung verteilt? Ach, würde Gott doch alle Christen so mit seinem Geist erfüllen. „Wir schaffen das!“ haben wir den Gottesdienst überschrieben. Was wollen wir denn schaffen? Sollen die Ältesten und andere eifrige Mitarbeitende, sollen die Allestuer entlastet werden? Das wäre ein kleines Ziel. Wollen wir unser Gemeindeprogramm schaffen? Schöne ansprechende Gottesdienste haben? Genügend Mitarbeiter in allen Bereichen? Das wäre auch ein Ziel.

Unser Ziel ist, dass Menschen Jesus kennenlernen, dass Menschen im Glauben begleitet werden und wachsen. Wir wollen, dass Menschen begeistert sind von Jesus, nicht nur am Anfang ihres Weges mit ihm. Wir wollen, dass Menschen Gottes Berufung erfahren und darin leben.

Menschlich gesehen schaffen wir das nicht! Die Kräfte sind begrenzt. Auch bei uns arbeiten einige bis an ihre Grenzen. Auch ein Burnout bei kirchlichen Mitarbeitenden ist nicht selten. Was können wir tun? Wir dürfen beten, wie Mose es getan hat. Wir beten, dass Gott Mitarbeitende in seine Ernte ruft. Wir brauchen Gottes Geist, um eine Gemeinde Jesu zu sein. Und Gott braucht Menschen dazu, die sich rufen lassen und sagen „Hier bin ich, Herr!“

Amen.

 

 

 

 

 

 

Ich habe für meine Predigt profitiert von der Predigt bei www.Leben-mit-Jesus.de zum selben Text, ohne Datums- oder Verfasserangabe.

Zurück