Ein Baum ohne Früchte

Wenn du ein Baum wärst, was für ein Baum wärst du? Wärst du ein Nadelbaum? Eine Kiefer oder eine Fichte vielleicht? Wärst du ein Laubbaum? Eine Eiche oder Kastanie? Wärst du ein Obstbaum? Apfel, Birne, Kirsche oder Pflaume? Was für ein Baum wärst du? Ein Orangenbaum vielleicht? Am besten kann man Bäume an ihren Früchten erkennen. An Kastanien, Eicheln oder Haselnüssen, die auf dem Boden liegen. Ohne Früchte ist es oft viel schwerer, einen Baum zu bestimmen.

Nicht jeder Baum ist um seiner Frucht willen gepflanzt. Millionen von Bäumen stehen in Wäldern und es interessiert niemanden, ob sie auch Früchte tragen, wie viele Früchte sie haben, ob sie gut oder faul sind. Bei anderen Bäumen sind die Früchte entscheidend. Sie sind einmal ausgesucht worden, gepflanzt und gegossen worden, weil sie Frucht bringen sollen. Wenn diese Bäume keine Früchte bringen, haben sie ihren Sinn verfehlt. Dann können sie gefällt werden, in Stücke gehauen, verbrannt werden. Es würde keinen kümmern, weil diese Bäume ohne Früchte vorher schon quasi tot waren. Von einem solchen Baum erzählt Jesus einmal.

Ich lese Lukas 13, 6-9

Jesus sagte ihnen aber dies Gleichnis: Es hatte einer einen Feigenbaum, der war gepflanzt in seinen Weinberg, und er kam und suchte Frucht darauf und fand keine.
Da sprach er zu dem Weingärtner: Siehe, ich bin nun drei Jahre lang gekommen und habe Frucht gesucht an diesem Feigenbaum und finde keine. So hau ihn ab! Was nimmt er dem Boden die Kraft?
Er aber antwortete und sprach zu ihm: Herr, lass ihn noch dies Jahr, bis ich um ihn grabe und ihn dünge; vielleicht bringt er doch noch Frucht; wenn aber nicht, so hau ihn ab.

Gott ist der Mann, der sich einen Feigenbaum gepflanzt hat. Feigen waren die am meisten genutzten Früchte in Israel. Gott hat den Baum in seinen Weinberg gepflanzt. Der Weinberg, das ist sein Volk. Sein Reich. Sein Acker. Eigentlich gehört ein Feigenbaum nicht in einen Weinberg, aber Gott wollte es so. Gott selber hat ihn eingepflanzt. Er hat ihn ausgesucht, gegraben, sich die Finger schmutzig gemacht, gearbeitet, einen Platz für ihn bestimmt, und jetzt soll er Frucht bringen.

Der Baum könnte ich sein, oder du. Vielleicht auch eine Gemeinde. Alle Christen zusammen. Ich und du, jede Gemeinde, alle Christen haben das  gemeinsam:  Gott sucht Früchte bei ihnen! Dazu sind wir da. Wenn wir zum Glauben kommen, wenn Gott uns gerufen hat und wir anfangen mit ihm zu leben, dann kommen wir heraus aus dem großen Wald, in dem Früchte keine Rolle spielen.

Wenn wir Gottes Baum sind, sind wir nicht mehr einfach um unser selbst willen auf der Erde. Wir werden sichtbar in seinen Weinberg gestellt  und  Gott will Früchte sehen.  Da soll etwas Neues in uns wachsen. Die Welt soll sehen, wer jetzt unser Herr ist, von wem und für wen wir leben. Gottes Gnade will sich an uns spiegeln. Barmherzige, geduldige, opferbreite Menschen sollen wir sein. Gottes Liebe will durch uns leuchten. Wir sollen Menschen werden, die gerecht leben, die teilen, was sie haben. Wir sollen unsere Hoffnung nicht verstecken, sondern andere damit anstecken.

Das Bild vom Baum kommt auch in den Predigten von Johannes dem Täufer vor. Er hat am Jordan gepredigt und zur Umkehr aufgerufen: „Bringt Früchte, die der Umkehr entsprechen. Die Axt ist den Bäumen schon an die Wurzel gelegt, und jeder Baum, der nicht gute Früchte bringt, wird abgehauen und ins Feuer geworfen.“ – Und dann nennt Johannes Beispiele für das neue Verhalten. Gerechtigkeit und Großzügigkeit im Alltag würde ich es nennen: „Wer zwei Röcke hat  – ich ergänze: zwei Mäntel, zwei Sofas, zwei Computer – , der gebe einen davon dem, der keinen hat, und wer zu essen hat, mache es ebenso! Und den Zöllnern sagt Johannes: Fordert nicht mehr Geld von den Leute als vorgeschrieben ist. (Vgl. Luk 3,8-13)

Am Buß- und Bettag werden wir erinnert: Gott will Früchte bei uns sehen. Uns zwar Früchte, die ihm und seiner Herrschaft entsprechen. Nicht ob wir mehr Geld verdienen als im letzten Jahr. Nicht unsere Erfolge im Geschäft, in der Schule, im Studium. Nicht, ob wir wieder einen guten Urlaub hatten. Das sind die Früchte, die wir gerne sehen wollen. – Gott will sehen, was wir mit dem machen, was er uns anvertraut hat.

Jede und jeder, der sich selber schon einmal ändern wollte, weiß, wie schwer das ist. Unmöglich manchmal. Wir kommen aus unserer Haut nicht heraus.  Auch daran werden wir am Buß- und Bettag erinnert. Buße ist nur ein anders Wort für Umkehr.  Entschiedene Umkehr. Eine Umkehr, die mich Opfer kostet. Wenn wir uns selber ansehen aber, kommen wir sofort ins Beten. Darum heißt es Buß- und Bettag. Wir brauchen Gottes Geist dazu. Wir sind oft so verdreht in uns selber, wir brauchen Gott, um zukehren.

In dem Gleichnis vom Feigenbaum finden wir beides: (a) Den ernsten Willen Gottes, dass wir Früchte bringen. Ich und du und jede Gemeinde und die Christen in dieser Welt. (b) Und wir finden das Gnadenjahr. Gott ist bereit, den Baum zu fällen. Er ist doch wie tot. Keiner wird ihn vermissen. Aber Gott fällt sich selbst in den Arm. Er hält sich selber auf. Er hält sein Gericht zurück. Gott investiert noch einmal. Er liebt. Er ist gnädig. Aber, schreibt Paulus einmal, „weißt du nicht, dass dich Gottes Güte zur Umkehr treibt?“ (Römer 2, 4)

Unsere Taten zählen und unsere Worte zählen. Es gibt noch eine andere Rede von Jesus, in der besonders auf die Worte wert legt. Wie wir reden, wie wir auftreten, welche Worte wir verwenden, das zeigt, wie es in unserem Herzen aussieht, sagt Jesus.

Matthäus 12 ab Vers 33:

33 »Angenommen, ein Baum ist gesund, dann kann man gute Früchte von ihm erwarten. Ist er aber krank, so kann man nur  schlechte Früchte von ihm erwarten. An den Früchten erkennt man den Baum. 34 Ihr Schlangenbrut! Wie könnt ihr Gutes reden, wo ihr doch böse seid! Denn wovon das Herz voll ist, davon redet der Mund. 35 Ein guter Mensch bringt Gutes hervor, weil er im Innersten gut ist. Ein schlechter Mensch kann nur Böses hervorbringen, weil er von Grund auf böse ist. 36 Aber das sage ich euch: Am Tag des Gerichts werden die Menschen sich verantworten müssen für jedes unnütze Wort, das sie gesprochen haben. 37 Aufgrund deiner eigenen Worte wirst du dann freigesprochen oder verurteilt werden.«

Wie wir zu und über andere reden, zeigt am Stärksten, was in uns ist. Wenn Menschen mit Worten gegen andere kämpfen, Feindbilder aufbauen, umbarmherzig werden, einfach nur Recht haben wollen, koste es was es wolle. Wenn ich so auftrete und rede, zeige ich anderen ungewollt, wie es in meinem Herzen aussieht.

Unsere Worte verraten uns. Und es ist wohl der schwierigste Bereich, wenn wir uns ändern wollen. Kaum etwas ist so schwer zu zähmen, wie unsere Zunge. Wenn wir Liebe, Respekt, Fairness, Demut in unsere Worte lassen wollen. Da merken wir auch: Wir brauchen Gottes Hilfe, wir brauchen seinen Geist, dass er uns von Innen verändert. Er muss unser Herz verändern.

Die Früchte, die Gott bei uns finden will, will er selber in uns wachsen lassen. Paulus schreibt: „Der Geist Gottes lässt als Frucht eine Fülle von Gutem wachsen, nämlich: Liebe, Freude und Frieden, Geduld, Freundlichkeit und Güte, Treue.“ (Gal 5,22)

Was für ein Baum bist du? Was für Früchte sucht Gott bei dir? Was hat er dir anvertraut? Wo sind  deine Gefährdungen oder Versuchungen, nicht nach Gottes Willen zu leben?

Es sind nicht alle Bäume gleich. Eine Kirschbaum braucht nicht versuchen, Äpfel hervorzubringen, und umgekehrt.  Am Feigenbaum wachsen keine Orangen. Er soll Feigen zeigen. Der eine muss vielleicht lernen, mehr auf seine Worte zu achten. Die andere muss lernen, zu reden, den Mund aufzumachen, ihre Meinung zu sagen, nicht zu schweigen. Der eine kann einen Computer verschenken, die andere einen Rock abgeben.

Der Buß- und Bettag sollte auch ein Tag der Besinnung sein. Früher war es ein Feiertag. Alle hatten frei, konnten sich Zeit nehmen, um vor Gott über sich selber klar zu werden und ihn wieder neu um seinen Geist zu bitten. In unserer Gemeinde wollten wir heute eine solche Zeit der Besinnung anbieten. Leider dürfen wir uns aktuell nicht versammeln.

Nehmen Sie sich doch heute einmal Zeit. Eine halbe Stunde Gebet. Fragen sie Gott, wo sie schuldig werden, wo sie hinter dem zurück bleiben, was er in sie hineingelegt hat. Bekennen sie ihre Schuld, lassen sie sich vergeben und liefern sie sich neu unserem Herrn aus.

Wenn wir Gott verbunden sind, uns selber nahe bei ihm einpflanzen, dann wird er  seine Früchte  bei uns wachsen lassen. Es gibt so vieles, was auf uns einwirkt. Heute wäre ein guter Tag, um einfach einmal Gott auf uns wirken zu lassen. In Psalm 1 heißt es: „Wohl denen, die sich nicht von denen verführen lassen, die Gottes Gebote missachten (…). Der Mensch gleicht einem Baum, der am Wasser gepflanzt ist und seine Frucht bringt.“

 

Ich möchte beten und wer möchte, kann es für sich mit beten:

Herr, du kennst mich durch und durch.
Ob ich sitze oder stehe, du weißt es.
Du kennst meine Pläne von ferne.

Es ist dir nicht verborgen,
wo ich verletzt bin und verletzt reagiere.
Du kennst meine Motive für mein Handeln und Reden.
Du siehst mein Herz an.

Ob ich stark bin oder schwach
ob ich tägig bin oder untätig,
ob ich rede oder schweige,
du kennst meine Gedanken von ferne.

Dir will ich gehören,
auf dich nur hören,
deinen Willen tun,
Glaube, Hoffnung und Liebe in dir finden.

Dich will ich ehren,
und ich kann es nicht ohne dich.

Ich bekenne: Ich brauche dich.
Ich bitte dich um deinen Geist.

Herr, erforsche mich;
erkenne wie ich es meine
und führe mich auf ewigem Wege.

Lass mich dein Heil erleben
und lass mich anderen durch deinen Geist
etwas zu ihrem Heil sein.

Amen.

Zurück