Lukas 2, 8-20 Die Hirten sind wir

 24.12.2023

Die Lesung von Lukas 2, 8-20 ist vorausgegangen

Ihr Lieben,

wer sind wir eigentlich in der Weihnachtsgeschichte? Jesus sind wir nicht. Die Rolle ist besetzt. Maria oder Josef sind wir auch nicht. Auch klar. Dass wir auch keine Engel sind, muss ich wohl nicht erklären. Sind wir der Ochse und der Esel? Vielleicht sind wir manchmal so stur. Aber wer will schon ein Ochse oder Esel sein? Außerdem kommen sie in der Bibel gar nicht vor. Sie sollen nur für die nötige Idylle im Stall sorgen. Solche, die Weihnachten nur etwas zur Idylle beitragen, wollen wir auch nicht sein. Die Weisen aus dem fernen Osten sind wir auch nicht. Dafür sind wir nicht klug genug und aus dem Orient sind wir auch nicht angereist. Wir hatten kurze Wege.

Die Hirten. Ja. Die Hirten, das sind wir. Nicht gleich mittendrin. Erst mal mit einigem Abstand.
Wir gehen unserer Arbeit nach. Wir haben unseren Alltag. Raue Gesellen. Jeder mit seiner eigenen Geschichte.

Was haben wir mit den Hirten gemeinsam? Eins wohl eher nicht: Hirten waren deutlich auf der unteren Stufe angesiedelt. Sie wurden in einem Atemzug mit Wegelagerern, Räubern oder Betrügern genannt. Das war eine raue Männergesellschaft. Wer sich in die Hände von Hirten begab, konnte nie wissen, wie ihm geschah. Sie hatten nicht einmal Zeugenrecht. Ihrem Wort wurde nicht vertraut vor Gericht.

Das ist typisch für Gott.  Das ist typisch für Weihnachten.  Gott fängt unten an. Gott fängt bei denen an, die unten sind. Bei denen, die in den Augen andere wenig gelten. Selig sind die, die am Rande stehen. Weihnachten ist ein Fest für Menschen, die am Rande stehen. Am Rand ihrer Kraft, am Rand der Gesellschaft. An der Grenze ihres Lebens.

Was haben wir diesen Hirten mit ihnen gemeinsam?

  1. Die Hirten hören Gottes Wort.

Ein Engel sagt es ihnen: „Fürchtet euch nicht. Siehe ich verkündige  euch große Freude,  die allen Völkern gelten soll. Euch ist heute der Heiland geboren, Christus, der Herr in der Stadt Davids. Und das soll eure Zeichen sein:  Ihr werdet ein Kind in Windeln gewickelt finden, das in einer Krippe liegt!

Die Hirten hören genau hin. Sie hören zu. Sie lassen es sich sagen. Da soll ein Kind in einem Stall geboren sein. Okay. Das kann passieren. Pech gehabt der Kleine. Wahrscheinlich sind es arme Leute, die unterwegs waren. Aber dieses Kind ist der Retter für das ganze Volk und für alle Völker.

  1. Die Hirten sind Eingeweihte.

Jetzt wissen sie Bescheid. Sie wissen, was Gott getan hat. Das weiß noch keiner. Sie aber hat Gott als Erste eingeweiht. Andere, die das Kind sehen würden, würden nur das Elend sehen. Eine junge Mutter, die ihr Kind im Stall auf die Welt bringt. Sie wissen mehr. Und wir wissen es auch. Das haben wir gemeinsam mit ihnen.

  1. Die Hirten sehen nach.

Sie haben Gottes Wort gehört und jetzt haben sie nichts Eiligeres zu tun, als nachzuprüfen, ob es auch stimmt. Sie laufen los und prüfen, was sie gehört haben. Der Engel hat ja nicht gesagt „Heute ist der Retter geboren. Das müsste ihr jetzt glauben.“ Sondern: „Da gibt es ein Zeichen, das müsst ihr euch ansehen. Das müsst ihr mit eigenen Augen gesehen haben. Bildet euch ein eigenes Urteil. Es reicht nicht, wenn ihr den Retter nur vom Hörensagen kennt. Geht. Seht nach.“

Die Hirten sehen nach. Wenn sie das nicht gemacht hätten, hätten sie nie diese Weihnachtsfreude gehabt, die sie am Ende hatten.  Die Hirten hätten diskutiert und herumgeraten, ob das wohl stimmen kann, was der Engel gesagt hat.

Die Hirten sind die Ersten, die Jesus suchen und ihn finden. Ich unterstelle uns allen einmal, dass wir auch solche sind, die es wissen wollen, die Jesus erkennen und ihm nahekommen wollen. Wie viele Menschen sagen: „Ich weiß nicht, ob es Gott gibt. Ich weiß nicht, wer dieser Jesus war.“  Aber sie suchen nicht, sie fragen nicht wirklich, sie prüfen es nicht, sie gehen nicht hin.

  1. Die Hirten finden Jesus.

Vielleicht haben sie einige Ställe oder Unterschlüpfe aufgesucht. Vielleicht ging das gar nicht so schnell. Aber sie haben nicht aufgegeben. Wer sucht, wird finden, sagt Jesus später einmal. Das ist das Wichtigste zu Weihnachten, dass man Jesus findet. Wir können uns über so vieles freuen an seinem Geburtstag, aber die wahre Weihnachtsfreude hat nur der, der Jesus findet.

Wer findet, muss vorher gesucht haben. In Bethlehem im Stall finden wir ihn heute nicht mehr. Wir erinnern uns heute an seine Geburt, aber aus dem Säugling in Windeln in der Krippe ist ein Junge geworden, der laufen und sprechen gelernt hat, der das Handwerk seines Vaters lernte, der anfing zu predigen, Menschen geheilt hat, der am Ende an einem Kreuz gestorben ist und auferweckt wurde.

Woher das Kind gekommen ist und was aus ihm geworden ist, das ist doch entscheidend.

Ehrlich gesagt, wenn mein Geburtstag so gefeiert würde, dass ich immer wieder in mein Kinderbett gelegt werde und die Menschen singen „Ach wie süß, ach wie niedlich, mit lockigen Haar.“ Mir würden die Haare zu Berge stehen. Wer Jesus feiern will, der feiert ihn für das, woher er gekommen ist, was aus ihm geworden ist und dass man heute mit ihm feiern kann.

Wie und wo können wir ihn heute finden? Die Hirten haben an der richtigen Stelle gesucht. Sie haben ihn da gefunden, wo der Engel ihnen gesagt hat, wo er zu finden ist. Man muss an der richtigen Stelle suchen. Wer ein Buch kaufen will, geht nicht zum Bäcker. Wer Kartoffeln kaufen will, geht man nicht zur Tankstelle. Die Hirten mussten zur Krippe im Stall gehen. Wo finden wir ihn heute? Jesus, also der hier noch als Kind in der Krippe liegt, er hat den Menschen gesagt, wo er später zu finden ist.

Einmal da, wo Christen zusammenkommen, wo Menschen zusammenkommen, ihn anzubeten, ihn zu bitten, sein Wort zu hören. „Wo auch nur zwei oder drei in meinem Namen zusammenkommen, da bin ich mitten unter ihnen!“ (Matth 18,20) Ganz allein hat man es schwerer, Jesus zu finden. Auch die Hirten sind gemeinsam gegangen. Später konnten sie sich erinnern, sich gegenseitig ermutigen. Geteilter Glaube ist doppelter Glaube.

Ein zweiter Ort, wo Jesus zu finden ist, ist das Gebet. Beten. Wenn wir bitten, hört er. Wenn wir uns an ihn wenden, ist er sofort da. Wenn wir seine Ruhe, seinen Frieden, Vergebung, Heil und Hilfe brauchen: Wenn wir beten, wenn wir uns Zeit für ihn nehmen, dann finden wir ihn.

Einen dritten Ort gibt es noch. Jesus hat später gesagt, dass er sich eins macht mit Menschen, die hungern oder gefangen sind oder krank oder einsam sind. Wer zu Menschen in Not geht, sich ihrer annimmt, ihnen dient, der findet Jesus.

Sicher haben Sie es sicher auch gehört. Die Spenden in Deutschland gehen zurück. Vor 20 Jahren hat noch jeder dritte gespendet für Notleidende in unserem Land oder anderen Ländern, heute spendet nur jeder fünfte noch.

Jesus ist bei denen zu finden, die um ihr Leben Angst haben, bei denen, die vor Angriffen fliehen müssen, bei denen, die ausgegrenzt werden, wie die Hirten damals. Wer seinen Geburtstag mit einsamen Menschen teilt, der hat Jesus sicher mit im Boot.

  1. Die Hirten sagen es weiter.

Als sie das Kind gefunden haben, sagen sie den Eltern du anderen Reisenden, die dabeistanden, was der Engel ihnen gesagt hatte. Und alle staunten. Der Stall kann nicht klein gewesen sein. Auch andere hatten dort eine Unterkunft gefunden. Lukas erwähnt sie.

Alle staunten, wohl nicht alle glaubten. Das muss man ehrlicher Weise festhalten. An der Krippe scheiden sich die Geister. Die einen sehen ein Baby mit roten Wangen, lockigem Haar, o wie lacht, und in Windeln. In was denn auch sonst. Die anderen glauben dem, was Gott lange vorher angesagt und was die Engel jetzt den Hirten gesagt hat: Heute ist mein Heiland geboren. Der der Herr ist. Der mein Herr ist. Den ich anbeten und dem ich dienen will.

Ein Letztes noch:

  1. Die Hirten freuen sich und sie preisen Gott.

Weihnachten hat sie verändert. Sie gehen anders, als sie gekommen ist. Da ist etwas Neues und Starkes in ihr Leben gekommen. Die Hirten sind die ersten Missionare und der erste Männerchor. Sie haben ihren Erlöser gefunden, sie können nicht schweigen. Es muss herausgesungen werden, was sie Neues in ihrem Leben haben.

Wir sind die Hirten. Wir gehören zum Volk und gehen unserer Arbeit nach.
Und wenn wir ganz unten sind, hören wir es auch: Dir ist heute der Heiland geboren.
Wenn Gott uns anspricht, dann sind wir mittendrin.

Wenn wir es machen wie diese Hirten, dann finden wir die wahre Weihnachtsfreude:
Jesus suchen und Jesus finden. Von ihm weitersagen und ihn loben und preisen.

Amen

 

 

 

Zurück