Sacharja 2, 14-17 Tochter Zion, freue dich!

14 Freue dich und sei fröhlich, du Tochter Zion! Denn siehe, ich komme und will bei dir wohnen, spricht der HERR. 15 Und es sollen zu der Zeit viele Völker sich zum HERRN wenden und sollen mein Volk sein, und ich will bei dir wohnen. – Und du sollst erkennen, dass mich der HERR Zebaoth zu dir gesandt hat. 17 Alles Fleisch sei stille vor dem HERRN; denn er hat sich aufgemacht von seiner heiligen Stätte!  

Freut euch
Weihnachten ist ein Grund sich zu freuen. Freut euch ihr Christen. Nicht oberflächlich, sondern ganz tief, mit allem, was uns ausmacht. An unseren Wurzeln zieht die Freude. Da, wo unser Herz schlägt. Weihnachten, das ist die Botschaft, dass Gott treu ist, dass er zu seinem Wort steht, das er durch die Propheten gesagt hat. Er tut es wirklich. Er kommt. Er wird Mensch. In Bethlehem. Weihnachten sehen wir, dass Gott treu ist und dass er einen Plan, mit dieser Welt hat. Er greift ein. Er kommt.

Weihnachten sehen wir, dass Gott uns sieht, dass er sich nach uns ausstreckt und uns rettet, bevor wir überhaupt ahnen, wie sehr wir ihn brauchen. Er spannt das Netzt bevor wir wissen, dass wir fallen. Gott kommt in unser Leben! Und er überrascht uns mit seiner Liebe und seiner Demut. Er will uns dienen! Damals und heute. Heute soll wieder Weihnachten sein. Und morgen. Und übermorgen. Dass Gott treu ist, dass er zu uns kommt und dass er uns dient, das feiern wir.

„Freue dich und sei fröhlich, du Tochter Zion.“ Tochter Zion, das ist das Gottesvolk. Zion hieß der Tempelberg.  Irgendwann wurde ganz Jerusalem poetisch Zion genannt. Jetzt steht es für das ganze Volk:  Ihr Töchter Zions, ihr Söhne und Töchter Israels, das ganze Gottesvolk:  Freut euch.

Weihnachten ist eine gute Zeit, um andere an diese Freude zu erinnern: „Freue dich“ können wir verkündigen. „Freue dich. Sei fröhlich. Entscheide dich, froh zu sein, loszulassen, Gott zu vertrauen. Du bist nicht allein. Gott sieht dich. Wie er nach Bethlehem gekommen ist, so ist er auch zu dir gekommen. Gott wohnt bei dir!“ Das können wir anderen zusagen, die mit Jesus leben. „Er ist kein Gast bei dir. Er geht nicht wieder. Freue dich. Sei fröhlich. Seine Gnade bleibt bei dir. Seine Weitsicht und Liebe wohnen dir bei. Du bist ein Mensch mit Hoffnung.“

Weihnachten ist eine gute Zeit, andere daran zu erinnern. Vielleicht mit einem Besuch oder einem Brief. Aber Weihnachten ist auch eine gute Zeit, es sich zuerst selber zu sagen: „Freue dich und sei fröhlich. Du, meine Seele, singe!“  Man kann es so leicht vergessen.  Überhören. Das eigentliche, das wahre Weihnachten ist kein  lautes  Fest. Gott kommt als ein kleines Kind. Ein Kind kann man schnell übersehen. Gott übertönt diese laute Welt nicht. Wir hören keine Fanfarenstöße, die alles übertönen. Gott macht kein Feuerwerk. Gott legt sich nicht als das größte Geschenk unter unseren Weihnachtsbaum. In Geschenkpapier. Sieben mal sieben mal sieben Meter groß.  Nicht zu übersehen.

Werdet still
Gott kommt leise. Er macht sich verletzlich. Man muss hingehen, ihn ansehen, anderes liegen lassen. Still staunen. Man sieht ihn nur, wenn man still ist. „Alles Fleisch sei stille vor dem HERRN; denn er hat sich aufgemacht von seiner heiligen Stätte!“ sagt Sacharja.  Je stiller man wird, desto  lauter  erkennt man ihn. In der Stille wird er so groß,  dass er alles einnimmt. Seine Strahlen kann man nicht fassen, wenn man nicht stillhält.

Ich stelle das mir so vor: Als Maria hört, dass die ein Kind gebären soll,  als sie hört, dass ihr Kind der Erlöser sein wird, da wird sie still. Sie hört es mit dem Herzen. Sie versteht es nicht, aber sie vertraut darauf. Sie weiß, dass es stimmt. Gott hat es ihr gesagt. Gott ist treu, Gott hält, was er versspricht. Und Maria wird still.

Als die Hirten die Engel gehört haben, laufen sie zum Stall, sie lassen alles liegen, sie sehen  das Kind in Windeln gewickelt, wie es der Engel gesagt hatte. Sie erzählen Joseph und Maria, was sie erlebt und gehört haben und dann stehen sie alle da und sind still. Und sie staunen. Sie fangen nicht an zu tanzen. Sie machen keine laute Musik. Sie diskutieren nicht oder erzählen sich gegenseitig ihre Lebensgeschichten. Vielleicht hätten sie ganz viel zu erzählen, aber jetzt sind sie still.

Dass Geheimnis von Weihnachten  lüftet  sich in der Stille. Da entfaltet es seine Kraft!  Da zieht der Friede Gottes ein. Die Hirten, Joseph und Maria, sie waren still.  Sie hören hin, wie still es ist. Alles Laute würde diese Freude stören, die sie staunen lässt  und  die sie immer mehr mit Frieden füllt. „Freue dich und sei fröhlich, du Tochter Zion! Denn siehe, ich komme und will bei dir wohnen, spricht der HERR.“

Er will bei uns wohnen
Weihnachten soll keine Feier sein, nach der man wieder einfach in den Alltag zurückfällt. Nach Weihnachten sollen wir keinen Kater haben, auch keinen seelischen Kater, sondern einen Herrn, einen Tröster, einen Helfer. Das Kind will das Leben verändern. Das verändert ein Leben, wenn man ein Kind bekommt. Ein Kind kann man nicht wieder abgeben. Es gibt keine Wochenendkinder, die man samstags rausholt und montags wieder abgibt.

Gott kommt als Kind zu uns, und er will bei uns bleiben, er will bei uns wohnen. Er will unsere Zeit mit uns teilen und alle unsere Räume: Küche, Bad, Schlafzimmer, Büro, Keller. Er will mit uns aufstehen und bei uns sein, wenn wir die Augen zu machen. Es soll kein Frühstück geben, bei dem er nicht mit zu Tisch sitzt. Und wenn wir das Haus verlassen, geht er mit. Er will in uns wohnen. Da ist nicht bedrohlich! Das ist herrlich! Da wohnt die Sonne in unserem Herzen. Und eine Burg, die uns schützt. Ein Fels, auf dem wir stehen können. Der Herr, der uns den Tisch deckt, wenn wir zu ihm gehen, der will bei uns wohnen.

Freue dich, o Christenheit! Weihnachten steht ihr wieder nebeneinander, du und der Herr, der gekommen ist. Er will bei dir wohnen und du gibst ihm alle deine Schlüssel. „Nimm sie, Herr, meine Schlüssel. Du sollst in alle Räume hineinkommen. Auch in meinen Keller. Auch den Schlüssel zu meinem Herzen sollst du haben. Ja, komm, Herr! Komm, in mir wohnen!“ Weihnachten ist ein guter Tag, seinen Bund mit Gott zu erneuern.

Licht in der Finsternis
Die meisten Propheten sind in  dunklen Zeiten aufgestanden. Wenn es dem Volk nicht gut ging, wenn sie sich von Gott entfernt haben, dann  und  haben geredet. Es  scheint so, als würden Menschen sich in dunklen Zeiten mehr nach Gott ausstrecken. Aber es scheint auch so,  als würde Gott sich zu den Menschen in dunklen Zeiten mehr ausstrecken.

Auch Sacharja zu Gottes Volk spricht, ist es verzagt. Hoffnungen sind zerbrochen. Die Menschen haben keine Perspektive, wie ihr Leben weitergehen soll. Sie waren aus der Gefangenschaft in Babel zurückgehkehrt. Jerusalem lag in Trümmern. Ihr Zuhause, auch ihr Tempel, auch ihr Glaube lagen am Boden. Und sie saßen da wie ein Kaninchen vor der Schlange. Wie gelähmt. Erschrocken. Tatenlos. Ohne Bewegung.

Die Stadt lag in Trümmern und sie haben keinen Stein angerührt. Beim Tempel hatten sie angefangen. Jetzt lag wieder alles brach. Sie hatten keinen Mut mehr. Wochenlang, monatelang ging es so. Sie waren eher gefährdet, sich an diese Elend zu gewöhnen. Ihr Blick ging nach unten. Nicht nach vorne. Nicht nach oben. Die Freude ist den Menschen damals nicht in den Schoß gefallen. Sie sollten sich entscheiden, froh zu sein, Gott zu vertrauen, sich nicht gehen zu lassen, sondern sich führen zu lassen. Der Herr ist nahe! Freut euch!

Tatsächlich  hat sich das Volk damals ermutigen lassen. Der Tempel wurde wieder aufgebaut. Gott kommt vom Himmel herab  und  sein Volk wird auf der Erde wieder tätig. Freue dich! Ich sag es gleich noch einmal: Freue dich jeden Tag. Gott ist gut zu euch. Lasst alle Menschen eure Güte sehen. Werft alle eure Sorge auf ihn, er sorgt für euch. Der Herr ist nahe! Er ist zu uns gekommen.

Er kommt nicht nur zu den Juden
Kurz nach 520 vor Christus hat Sacharja das Volk zur Freude aufgerufen. Der Perserkönig Kyros hatte die Juden in ihre Heimat zurückkehren lassen. Israel hatte keine guten Erfahrungen mit anderen Völkern gemacht. Andere Völker waren Feinde. Selbst die Nachbarvölker waren Feinde. Man darf niemandem trauen. „Wir sind das erwählte Volk Gottes. Die anderen sind gottlose Heiden.

Sacharja sieht den Gott Israels auch zu den Heiden kommen. Der da kommt, er kommt  nicht nur zu den Juden. Auch die Völker werden zu ihm kommen und sie werden sein Volk sein! Die Nachbarn. Die Feinde. Die Assyrer, die Babylonier, die Perser, die Ägypter. „Und es sollen sich zu der Zeit viele Völker zum Herrn wenden und sie sollen mein Volk sein!“

Die ersten Vertreter der Völker waren die Magier, die Zauberer, die Sterndeuter aus dem Osten. Vermutlich waren es Perser. Ein Gruppe von Männern, die von einem Stern geleitet auch den Weg nach Bethlehem gefunden haben. Nicht aus dem Wort Gottes, sondern aus den Sternen haben sie gesehen: Hier wird ein König geboren. Sie wussten es. Gott hat es ihnen auf ihrem Weg gezeigt. Sie glauben es, obwohl das Kind in einem Stall liegt. Und sie legen ihre Schätze vor dem Kind ab: Gold, Weihrauch und Myrre.

Ihm alles schenken
Weihnachten ist ein Grund zur Freude. Gott hat die ganze Welt im Blick. Aller Welt, allen Völkern zeigt er seine Treue. In der Stille kann man es hören. Man muss leise werden, um Gott zu sehen. In der Stille überwältigt uns die Freude. Und wenn wir dann vor dem Kind angekommen sind, dann lohnt es sich, ihm zusammen mit den Sterndeutern alles zu schenken.   Amen

(Angesprochen und ermutigt wurde ich durch die Predigt von Domprediger Thomas C. Müller, 24. Dezember 2019 über Sacharja 2,14-17 www.berlinerdom.de)

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