Weiterlaufen in Geduld und mit Blick auf Jesus

Textlesung Herbäer 12, 1-3

1 Darum auch wir: Weil wir eine solche Wolke von Zeugen um uns haben, lasst uns ablegen alles, was uns beschwert, und die Sünde, die uns ständig umstrickt, und lasst uns laufen mit Geduld in dem Kampf, der uns bestimmt ist, 2 und aufsehen zu Jesus, dem Anfänger und Vollender des Glaubens, der, obwohl er hätte Freude haben können, das Kreuz erduldete und die Schande gering achtete und sich gesetzt hat zur Rechten des Thrones Gottes. 3 Gedenkt an den, der so viel Widerspruch gegen sich von den Sündern erduldet hat, damit ihr nicht matt werdet und den Mut nicht sinken lasst.

Liebe Freude, liebe Gemeinde,

der Verfasser des Hebräerbriefes vergleicht das Leben der Christen mit einem Langlauf. Glauben heißt Laufen. Lange laufen. Und weil das Ziel noch weit weg ist, braucht man Geduld dazu. Viel Geduld. Nicht nur für die nächsten Schritte. Ohne Geduld kann man nicht im Glauben unterwegs sein. Man sieht ja noch nicht, was man glaubt. Man läuft und läuft und sieht höchstens die nächste Kurve, den Berg, den man hinauf muss, oder das nächste Tal, durch das man herunter muss. Das Ziel ist noch weit weg. Aber es gibt keine Alternative, dahin zu kommen, außer weiterzulaufen. Glaube ist ein Lebens-Lauf. Man läuft, bis man am Ziel ist.

„Glaube ist eine feste Zuversicht, auf das, was man hofft, und ein Nichtzweifeln an dem, was man nicht sieht!“ Mit dieser Aussage beginnt das 11. Kapitel im Hebräerbrief, ein Kapitel vor unserem Predigttext. Das gehört wesensmäßig zum Glauben, das macht den Glauben aus,  dass man weiterläuft, auf dem Weg bleibt, dass man voll darauf vertraut, dass dieser Weg zum Ziel führt, auch dann wenn ich das Ziel nicht sehe, ja wenn ich sogar den Weg dahin noch nicht überschauen kann.

Glaube ist Laufen. Weiterlaufen. Wer nicht mehr läuft, der glaubt nicht mehr. Die Christen, an die dieser Brief gerichtet ist, stehen in der Gefahr, zu resignieren, aufzugeben, sich gehen zu lassen. Sie sind müde geworden im Glauben. Da ist keine Zielstrebigkeit mehr. Kein Bewusstsein, wozu sie da sind, was Sinn und Ziel ihres Lebens ist. Sie sind wie erloschene Lichter. Wie ein Docht, der noch glüht, aber keine Flamme mehr hat.

Äußere Widerstände sind das Eine. Das andere ist die Frage, warum Jesus so lange weg bleibt. Es gibt so viel Leid und Unrecht auf der Welt. Warum lässt er es zu? Wie lange noch? Und was können wir Christen schon dagegen tun?

Etwas weiter im 12. Kapitel schreibt er: „Stärkt die Müden Hände und die wankenden Knie. Macht sichere Schritte, damit niemand von euch stolpert und fällt. Jagt dem Frieden nach und der Heiligung nach, ohne die niemand den Herrn sehen wird. Passt auf, dass nicht einer Gottes Gnade verliere. Lasst keine bittere Wurzel unter euch aufkommen.“ (vgl. 12,12-16)

Es geht um alles bei diesem Lauf. Auf dem Weg mit Jesus zu bleiben. Es ist schon alles gewonnen. Jesus hat schon für uns gesiegt. Aber wir müssen da noch hinkommen. Und das werden wir nach dem Hebräerbrief, wenn wir weiterlaufen in dem Kampf, der uns verordnet ist, wenn wir nicht stehen bleiben und keine anderen Wege versuchen. Treue und Geduld sind nötig.

Gerettet allein aus Glaube, ja! Aber der Glaube ist kein „Selbst-Läufer“. Er macht uns laufen. Und jeder läuft so, dass er der Erste sein will. Paulus gebraucht in seinem Brief an die Korinther das gleiche Bild: Leben im Glauben als ein Langlauf. Ein Lebens-Lauf. Und Paulus ermahnt die Christen: „Wisst ihr nicht, in der Kampfbahn läuft jeder so, dass er der Erste sein kann.“ Keiner trottet einfach hinterher. Wer nur lahm hinterherläuft, er ist wie ein Boxer, der nur in die Luft schlägt. Ein Schattenboxer. Im wahren Leben sieht man nichts von ihm. (vgl. 1. Korinther 9)

Einmal angenommen, wir geben dem Hebräerbrief und wir geben Paulus recht: Mit Jesus zu leben, das bedeutet mit Jesus zu laufen. In Bewegung zu bleiben. Ihn zu ehren. Ihm ganz gehören. Wie kann das gelingen? Wie können wir darauf achten, dass unsere Hände und Knie nicht müde werden? Die Verse Anfang Kapitel 12 wollen genau dazu ermutigen.

  1. Du läufst nicht alleine

Das ist ein schönes Bild. Wir sind nicht allein. Wir sind umhüllt von einer Wolke von Zeugen. Eine große Gruppe von Zeugen steht um uns herum. Das ganze vorangegangene Kapitel zählt der Hebräerbrief einige Zeugen auf. Glaubenszeugen aus dem Alten Testament. Ich nenne nur ein paar der dort Genannten:

Was Glaube ist, kann man an Noah sehen. Ein großes Schiff bauen mitten auf dem Sand. Weil Gott es befohlen hat. Weil er Gott vertraut, darum tut er, was Gott sagt. Auch wenn noch nichts von einer Flut zu sehen ist. Was Glaube ist, kann man an Abraham sehen. Er verließ seine Heimat. Er gab alle seine Sicherheiten auf. Er hat alles losgelassen, hat sich ohne Sicherheiten auf einen neuen Weg mit Gott gemacht. Er hat die fruchtbare Erde seiner Heimat verlassen und ist den langen Weg durch die Wüste gegangen.

Was Glaube ist kann man an Mose sehen. Er ist zurückgegangen, in seine Vergangenheit, die er absolut unrühmlich verlassen hat. Er hat sich dem Pharao entgegen gestellt. Weil Gott es wollte. Wie er Gott vertraute. In allen Beispielen sieht man: Glaube, das ist etwas Lebendiges. Etwas Sichtbares. Glaube passiert oder er ist passe.

Die Liste der Zeugen kann man weiterführen. Man könnte die ersten Täufer nennen,   die ihr Leben riskiert haben, Martin Luther, der sich seiner Kirche entgegen stellte, Dietrich Bonhoeffer, der eine heilige Haltung und mutige Worte im so genannten dritten Reich durchgehalten hat. In der Wolke der Zeugen stehen auch Christen heute. Auch Menschen in unserer Gemeinde, von denen ich lernen kann, die mich ermutigen, an denen ich Gehorsam und so etwas wie Reife im Glauben erkennen kann.

Ich bin nicht alleine in meinem Glauben und bei meiner Sehnsucht, nach Gottes Willen zu leben. Wir sind nicht alleine. Wir haben eine Wolke von Zeugen um uns. Die vor uns geglaubt haben, die mit uns glauben, und es wird welche geben, die nach uns glauben. Wir laufen im Kollektiv. In der Gemeinschaft der Heiligen.

Diese Vorläufer im Glauben, sie sind die Zuschauer, unsere Fans. Sie jubeln uns zu. Sie feuern uns an. Sie stärken uns. Sie sind unsere Vorbilder. Sie geben uns Tipps von der Seite. Sie haben ihren Lebens-Langlauf durchgehalten, bis ans Ziel. An ihnen sieht man: Gott ist treu. Mit Gott kann man Durststrecken überwinden. Gott ernährt seine Leute auch in der Wüste.

Dabei hat jeder einzelne hat seinen ganz eigenen Lebenslauf. Der eine war nie krank bis hoch in die 80er, der andere ist krank seitdem er 18 ist. Der eine hat viel Not in seiner Familie, keinen Bezug zu den Kindern oder Eltern mehr, bei den anderen läuft alles rund privat. Es gibt Reiche und Arme, Dicke und Dünne, Singles und Geschiedene. Kein Leben läuft genauso wie irgendein anderes auf der Welt. Aber jeder läuft in einer großen Menge von Menschen, die alle gemeinsam zum gleichen Ziel laufen.

Und, das will ich nicht vergessen:  Auch die die schon da sind, sind aus Gnade da. Sie sind Sünder. Fehlerhafte Menschen. Aber haben Gott geglaubt und sich von ihm leiten lassen. Der Erzvater Jakob: Er war nicht nur Gründer des Volkes Israels. Er war auch ein Lügner und Betrüger. Er hat seinen alten Vater getäuscht und seinen Bruder Esau um sein Erbe betrogen. Mose war nicht nur der Befreier Israels aus Ägypten. Er war ebenfalls ein Mörder. Er erschlug einen ägyptischen Aufseher. König David ist nicht nur der Ahnvater von Jesus. Er war ein Ehebrecher und Mörder. Er hat den Mann der Frau umbringen lassen, die schwanger war von ihm. Sie sind keine Helden, die uns für unseren Lauf zujubeln. Sie sind Sünder, denen Gott gnädig war, die Gott vertraut haben und auf sein Wort hin ihr Leben verändert haben.

Wie kannst du deinen Leben-Langlauf mit Jesus schaffen? Wie können wir mutig bleiben?
1. Mach dir bewusst, dass du nicht alleine läufst. Nimm etwas von dem Glauben anderer mit in den Schwung deines Glaubens.

  1. Lege ab, was dich beschwert, und die Sünde, die dich umstrickt.

Keiner zieht bei einem Marathonlauf einen schweren Mantel an. Niemand läuft mit einem Koffer oder mit Hut, Krawatte und Blaser. Lege ab, was dich beschwert! Der Hebräerbrief unterscheidet hier zunächst zwischen Verhalten, Gewohnheiten, Dingen, die einen belasten und der Sünde, die einen immer wieder umstrickt, die an uns klebt.

Bei Sünden können wir an etwas denken, wo wir immer wieder versucht sind, es zu tun, was aber Gott nicht gefällt, womit wir uns oder anderen Menschen schaden. Letzten Endes aber ist alles Sünde, was uns aufhält oder sogar abbringt, auf dem Weg mit Jesus zu bleiben, Gott zu vertrauen und zu gehorchen. Fast alles kann zu einer hindernden Last werden, zu einem Koffer bei unserem Langlauf. Und wir bleiben weit hinter dem zurück, was Gott sich mit uns und unserem Leben gedacht hat. Wir verfehlen das Ziel unseres Lebens und das ist unsere Ursünde.

Eine Last, die wir ablegen müssten, kann ein Hobbie sein, das wir so intensiv betreiben, dass Gott sich unterordnen muss. Auch der Beruf, die Arbeit, unser Erfolg kann sich uns auf dem Weg zu Jesus in den Weg stellen. Dass wir faktisch durch die Art wie wir leben, wo wir uns investieren, unseren Wert herholen, Jesus an eine untere Stelle gesetzt haben.

Ein amerikanischer Theologe nannte das den „praktischen Atheismus“. Man glaubt an Gott, man kann aufsagen und glaubt das auch, was den Glauben der Kirche im Kern ausmacht, aber im praktischen Leben gilt etwas anderes. Daran wie jemand lebt aber, sieht man, wer sein Herr ist, was ihn freut und worauf er wirklich vertraut. Vielleicht kann auch unser Umgang mit dem Handy, dem Fernseher oder dem Essen etwas sein, das unseren Lauf für Jesus belastet. Was sind deine Energiefresser? Wo ist deine Freiheit, deine Freude an Jesus, dein Mut, dich für ihn einzusetzen, gefährdet? Wo hast du deine Salzkraft und deine Leuchtkraft verloren und hast müde Hände und müde Füße bekommen?

Wie kann man mein Lebens-Lauf mit und zu Jesus gelingen? 1. Du Bist nicht allein. 2. Lege ab, was dich beschwert.

  1. Habe Geduld

Dieses Stichwort hat mich bewogen, diesen Predigttext für heute zu wählen. Denn wir brauchen noch Geduld. Geduld auf dem Corona-Weg, den wir uns nicht ausgesucht haben, in den wir hineingeworden wurden. Lasst und laufen in Geduld in dem Wettkampf, in den wir gestellt sind.

Das griechische Wort, das der Hebräerbrief aber auch Jesus und Paulus für Geduld nutzen, heißt wörtlich „Darunterbleiben“. Etwas, was es zu tragen gibt, nicht einfach wegzulegen, nicht fallen zu lassen. Es bewusst annehmen und erleben. Es mit einer ganz bestimmten Haltung bis ans Ende tragen. Kraft investieren. Geduldig im Gebet bleiben. Geduldig eine Verantwortung wahrnehmen. Geduldig das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. Das kann viel Kraft kosten und immer wieder eine neue Entscheidung.

Wer geduldig ist, hat Respekt vor der Zeit, die er nicht in der Hand hat. Aber die Zeit, die Wartezeit, die Ungeduld soll ihn nicht in die Hand bekommen. Wer geduldig ist, der bewährt seine Haltung der Hoffnung, der Liebe, der Anbetung Gottes auch in den Zeiten, in denen er warten muss.

(1) Laufe geduldig in dem Kampf, in den du jetzt gestellt bist. (2) Du bist von einer Wolke von Zeugen umgeben! (3) Lege ab, was dich behindert.

  1. Sieh auf zu Jesus, den Anfänger und Vollender des Glaubens.

Wer läuft, muss auch auf den Weg sehen, damit er nicht stolpert, sich nicht verletzt beim Laufen. Seine Motivation, seine Kraft und Ausrichtung aber geben dem Läufer nicht die Steine auf dem Weg. Es muss eine Perspektive darüber geben. Wer nur die kleinen Schritte und Hindernisse sieht, wird keiner großen Vision folgen können.

Die Vision kommt vom Ziel her und was uns betrifft, von Christus her, der vor uns her läuft. Ihm wollen wir folgen, ihn nicht aus dem Blick verlieren. Er ist der Anfänger unseres Glaubens. Ohne ihn hätten wir diesen Lebens-Lauf nie begonnen. Er war der Startschuss. Dass wir ihm geglaubt habe. Weil er uns Glauben geschenkt hat, darum sind wir mit ihm losgelaufen. Und er ist auch der Vollender unseres Glaubens. Er ist die Quelle, die mit uns geht.  Er ist der Garant, dass unser Glaube bleibt, sich weiter entwickelt, dass er uns in die Ewigkeit trägt. Jesus selbst ist der Weg, den wir gehen zu ihm hin. Er ist unsere Freude, unsere Kraft, der Gott-Mit-Uns. Er ist das Licht auf unserem Weg, der Hirte, der seine Herde behütet. Jeder Blick zu Seite, nach oben oder nach hinten, kann unseren Lauf hindern oder uns stolpern und fallen lassen. Wir brauchen den Herrn zu dem wir unterwegs sind, schon hier.

Wie sieht man auf Jesus? Indem man den Kopf hebt. Das ist wohl das Wichtigste. Und das ist nicht schwer. Jesus läuft immer vor uns. Nicht nach unten sehen, nicht nach hinten sehen, sondern auf Jesus sehen und geduldig weiterlaufen.

Amen.

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