1. Könige 17, 1-16 Gott versorgt uns

Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde (Baptisten) Kassel-Möncheberg
Norbert Giebel, 18.7.2021
1. Könige 17, 1-6 Gott versorgt uns

Ihr Lieben,

sicher kennt ihr das auch: Da erzählen Menschen aus ihrem Leben und ihr seid tief berührt. Mir ging das schon oft so. Ich besuche ja eher ältere Menschen. Wie viel habe ich da schon gehört. Wie sie den Krieg erlebt haben. Was sie auf der Flucht gesehen haben. Hunger.  Wunderbaren Trost, Momente der Angst, Erfahrungen von Gewalt oder Bewahrung oder Trauer.

Am liebsten würde ich Beispiele erzählen. Das würde aber zu weit führen. Worauf ich hinaus will: Die meisten Geschichten werde ich nie erleben. Es sind andere Zeiten. Aber Leid oder Not oder Anfechtung kenne ich auch. Wenn ich höre, was diese anderen mir erzählen und wie sie Gott in dieser Zeit erlebt haben, dann werde ich selber gestärkt. Das gibt mir Hoffnung. Das erinnert mich daran, was wirklich hält. Das ermutigt mich, Gott auch für mich zu vertrauen.

Der Predigttext heute ist Teil einer Lebensgeschichte. Von einem Mann, einem König, einer Frau. Eine Geschichte von Gottes Wundern in schwerer Zeit. Niemand von uns wird das so erleben. Es sind andere Zeiten. Aber Leid, Hunger und Durst im übertragenen Sinn, Dürrezeiten, die gibt es auch heute noch. Lasst uns die Geschichte hören und lasst uns dadurch ermutigen lassen.

Ich lese 1. Könige 17, 1-16:

1 Der Prophet Elia aus Tischbe in Gilead sagte eines Tages zu König Ahab: »Ich schwöre bei dem HERRN, dem Gott Israels, dem ich diene: Es wird in den nächsten Jahren weder Regen noch Tau geben, bis ich es sage!«
2 Danach befahl der HERR Elia: 3 »Du musst fort von hier! Geh nach Osten, überquere den Jordan und versteck dich am Bach Krit! 4 Ich habe den Raben befohlen, dich dort mit Nahrung zu versorgen, und trinken kannst du aus dem Bach.« 5 Elia gehorchte dem HERRN und versteckte sich am Bach Krit, der von Osten her in den Jordan fließt. 6 Morgens und abends brachten die Raben ihm Brot und Fleisch, und seinen Durst stillte er am Bach.
7 Nach einiger Zeit vertrocknete der Bach, denn es hatte schon lange nicht mehr geregnet. 8 Da sagte der HERR zu Elia: 9 »Geh nach Phönizien in die Stadt Zarpat und bleib dort! Ich habe einer Witwe den Auftrag gegeben, dich zu versorgen.«
10 Sogleich machte Elia sich auf den Weg. Am Stadtrand von Zarpat traf er eine Witwe, die gerade Holz sammelte. Er bat sie um einen Becher Wasser. 11 Als sie davoneilte und das Wasser holen wollte, rief er ihr nach: »Bring mir bitte auch ein Stück Brot mit!«
12 Da blieb die Frau stehen und sagte: »Ich habe keinen Krümel Brot mehr, sondern nur noch eine Handvoll Mehl im Topf und ein paar Tropfen Öl im Krug. Das schwöre ich bei dem HERRN, deinem Gott. Gerade habe ich einige Holzscheite gesammelt. Ich will nun nach Hause gehen und die letzte Mahlzeit für mich und meinen Sohn zubereiten. Danach werden wir wohl verhungern.«
13 Elia tröstete sie: »Hab keine Angst, so weit wird es nicht kommen! Geh nur und tu, was du dir vorgenommen hast! Aber back zuerst für mich ein kleines Fladenbrot und bring es mir heraus! Nachher kannst du für dich und deinen Sohn etwas zubereiten. 14 Denn der HERR, der Gott Israels, verspricht dir: Das Mehl in deinem Topf soll nicht ausgehen und das Öl in deinem Krug nicht weniger werden, bis ich, der HERR, es wieder regnen lasse.«
15 Die Frau ging nach Hause und tat, was Elia ihr gesagt hatte, und tatsächlich hatten Elia, die Frau und ihr Sohn Tag für Tag genug zu essen. 16 Der Mehltopf wurde nicht leer und das Öl im Krug versiegte nicht, wie der Herr es durch Elia versprochen hatte.

Ihr Lieben, ihr Durstigen und Hungrigen heute,

das ist schon eine besondere Geschichte: Elia und Ahab. Elia und die Raben. Elia und die Witwe. Das alte Israel der zwölf Stämme war zerfallen. Das Nordreich Israel und das Südreich Juda waren zwei völlig getrennte Staaten. Ahab war König im Nordreich in der Hauptstadt Samaria. Vor ihm haben die Könige alle paar Jahre gewechselt. Manche waren nur einige Monate an der Regierung. Ahab brachte Stabilität. 22 Jahre lang war er König im Nordreich. Wir befinden uns Mitte des 9. Jahrhunderts vor Christi Geburt.

Kein König vor ihm aber hatte sich so weit von Jahwe entfernt wie Ahab. Er unterstütze den im Norden verbreiteten Götzendienst. Er heiratete Tochter des phönizischen Königs, Isebell. Er baute dem Gott seiner Frau, dem Fruchtbarkeits- und Erntegott Baal, mitten in Samaria einen Tempel. Ahab ging auch selbst in den Tempel und betete zu Baal. Auch ein Bild der Göttin Aschera ließ er aufstellen. Besser, man hat mehrere Eisen im Feuer und vertraut nicht allein auf Jahwe, den alten Gott von Israel.

Nur Elia stellte sich gegen Ahab. Der einzige Streiter für die Alleinverehrung Jahwes. Elia prangerte ihre Götzenverehrung an und sagte dem König eine schlimme Trockenheit voraus. Es sollte für Jahre nicht mehr regnen. Jahwe würde dem König und seinem Volk zeigen, wer der wahre Gott ist. Baal, der doch für Regen, Wachstum und Fruchtbarkeit verantwortlich war, Baal würde sich als ein Nichts erweisen.

Ohne Wasser keine Ernte. Ohne Ernte kein Saatgut für das nächste Jahr. Und Hunger. Ohne Wasser kein Kochen, kein Waschen und bald nichts mehr zum Trinken. Elia sagt eine jahrelange Hungerkatastrophe an. Wüste Felder, tote Bäume, stechende Sonne. Erderwärmung. König Ahab lässt sich nicht warnen. Es läuft doch alles gut aus seiner Sicht. Er kann keine Klimakrise erkennen. Noch nie waren sie so sicher in Israel wie heute. Noch nie gab es einen solchen Wohlstand.

Elia sagt ihm Gottes Handeln an und Gott sagt Elia, dass er jetzt verschwinden soll. Isebell und Ahab werden nicht lange fackeln. Sie werden ihm das Leben zur Hölle machen. Sie werden ihn umbringen. Gott erlaubt seinem Propheten, seinen Platz zu verlassen. Ist gut jetzt. Du hast alles getan. Bringe dich in Sicherheit. Fliehe an den Bach Kerith, östlich des Jordan. Da will ich dich versorgen. Gott sorgt für eine Auszeit. Gott selbst nimmt ihn heraus. Gott sagt ihm: „Du darfst deinen Platz verlassen.“ „Du sollst Ruhe finden!“ „Du sollst loslassen!“ „Kämpfe nicht mehr.“ „Mach dir keine Sorgen, überlass alles mir. Ich sorge mich darum!“

Ich muss mal kurz unterbrechen. Ich weiß ja nicht, ob heute jemand hier ist. Kann ja sein. Jemand, der schwer zu tragen hat. Jemand, der auf dem Zahnfleisch läuft. Jemand, der in seinem Leben auf den Felgen läuft und bald nicht mehr kann. Vielleicht ist jemand hier, den Gott auch herausnehmen will.  Vielleicht fordert er heute jemanden auf: Lass mal los. Mach mal eine Auszeit. Geh in die Stille und lass dich von den Raben füttern.

Elia jedenfalls bekommt eine Kur verschrieben. Eine geistliche Einkehrzeit in der Einsamkeit. Auf die andere Seite des Jordans soll er gehen. Gerade über die Grenze. Gut 60 km Fußmarsch. Dort soll er seine Kur antreten. Es wird nicht  einfach  sein. Es wird einsam sein. Aber es wird eine Zeit mit Gott sein. Gott hat Vollpension gebucht. Eine Kur für Geist und Körper.

Gott rettet Elia aus seiner Not mit Ahab und Isebell und er gibt ihm eine Chance, sich innerlich neu zu ordnen,  Kraft zu tanken. Elia geht. Elia lässt los. Elia glaubt Gott, dass er sich kümmern wird. Er kann seine Aufgaben liegen lassen. Es liegt doch letztlich an Gott und nicht an ihm. Elia lässt sich selbst und seinen Dienst in Gottes Hände fallen. Elia geht, gut 60 km Fußmarsch, an den Ort, den Gott ihm ausgesucht hat. An den Bach Kerith. Elia trinkt das Wasser des Baches und er isst Brot und Fleisch, das ihm von Raben geliefert wird. Er denkt, er betet, er ist still, er sitzt im Schatten, geht umher. Still zu sein bedarf es wenig. Und wer still ist, ist ein König.

Irgendwann aber zeigt die Dürre auch bei Elia ihre Spuren. Der Bach hat kaum noch Wasser. Bis es ganz erlischt. Der Bach Kerith trocknet aus in der Dürre. Wir wissen nicht, was Elia gedacht hat. Da er erzählt nichts von Panik oder Schrecken. Wir sehen keine Angst, kein Flehen zu Gott. Gott wird ihn weiter versorgen. Darauf vertraut Elia, auch in der Krise, mitten in seinem Durst.

Tatsächlich hat Gott ihn an einen Ort geführt, wo er wunderbar versorgt wurde. Und jetzt führt Gott ihn an einen anderen Ort. Einen Schritt weiter. Der Bach Kerith, sein kleines Stück Himmel in schwerer Zeit, er hat ausgedient. Gott gibt Elia einen seltsamen Befehl. „Mach dich auf und geh nach Zarpat , das bei Sidon liegt, und bleibe dort; denn ich habe dort einer Witwe geboten, dich zu versorgen.“

Er soll ins heidnische Nachbarland gehen. Das Land aus dem Königin Isebell gekommen ist. Und ausgerechnet eine Witwe soll ihn dort versorgen. Die allermeisten Witwen waren bettelarm. Frauen hatten kein Erbrecht. Frauen hatten gar nichts, wenn ihre Männer starben. Noch einmal 150 km Fußmarsch, 5 Tagesmärsche bis Zarpat,  in die Nähe der Hauptstadt Sidon.

Elia geht los. Er vertraut Gott im Voraus. Er gehorcht. Er glaubt Gottes Zusage, dass er ihn versorgen wird. In Zarpat angekommen sieht er eine Frau Holz sammeln. Er bittet sie um etwas Wasser. Eine zufällige Begegnung. Beide wissen am Anfang  wohl kaum, dass Gott gerade sie beide zusammengeführt hat. Eine fast alltägliche Begegnung, die Gott herbeigeführt hat! Diese beiden so verschiedenen Menschen werden sich unterstützen in dieser schweren Zeit.

Gastfreundschaft ist ein sehr hoher Wert im alten Orient. Natürlich versucht die Frau, die selber nichts hat,  dem zu helfen, der durstig ist. Wasser allerdings war kostbar geworden. Wasser war knapp auch in Zarpat. Als sie aber sofort losgeht, ruft Elia ihr hinterher. „Bring mir noch ein wenig Brot mit, ich habe Hunger!“ Da bricht es aus der Frau heraus. Sie hat auch Hunger. Und sie hat einen Sohn zuhause, der langsam verhungert. Hier ist eine Grenze erreicht:

„Ich habe keinen Krümel Brot mehr, sondern nur noch eine Handvoll Mehl im Topf und ein paar Tropfen Öl im Krug. Das schwöre ich bei dem HERRN, deinem Gott. Gerade habe ich einige Holzscheite gesammelt. Ich will nun nach Hause gehen und die letzte Mahlzeit für mich und meinen Sohn zubereiten. Danach werden wir wohl verhungern.

Für eine Henkersmahlzeit wird es noch reichen. Dann war’s das. Das letzte Brot wird sie nicht mit Elia, mit dem Fremden, teilen. Lange schon mussten sie ihr Brot einteilen. Wie Obst oder Gemüse aussieht, wussten sie gar nicht mehr. Lange schon konnte man ihre Rippen zählen. „Ich gehe jetzt nach Hause, dann werden wir das letzte Mal ein wenig essen, dann werden wir sterben!“

War Elia an die falsche Adresse geraten? Sollte er sich nach einer anderen Witwe umsehen? Wie auch immer: Elia weiß, dass sie die Richtige ist. Und er weiß, dass Gott dann sie, ihren Sohn und ihn versorgen wird. Wie oft handelt Gott genau dann, wenn menschlicherseits alles unmöglich erscheint. Gott ist alles möglich.

Interessant, dass die Witwe den Gott Elias  als den HERRN anspricht. Als Elia sie um Brot bittet, sagt sie: „So wahr der HERR, dein Gott, lebt…“. Sie kennt den Namen Jahwes. Das wird in der deutschen Übersetzung nicht ersichtlich. Obwohl sie im Heidentum aufgewachsen ist, hat sie eine Ahnung vom wahren Gott. Sie hat von der Treue Gottes zu seinem Volk gehört. Irgendwie ist Gott ihr schon begegnet. Sie gehört einer anderen Religion an. Und doch weiß sie etwas von dem wahren Gott.

„Geh hin, backe aber zuerst einen kleinen Fladen für mich und bring ihn mir!“ fordert Elia.
„Nachher kannst du für dich und deinen Sohn etwas zubereiten. Denn der HERR, der Gott Israels, verspricht dir: Das Mehl in deinem Topf soll nicht ausgehen und das Öl in deinem Krug nicht weniger werden, bis ich, der HERR, es wieder regnen lasse.“

Was ist das für ein Gespräch? Zwei Menschen verschiedenen Glaubens und verschiedener Kultur kommen zusammen. Sie werden von Gott in der Not miteinander verbunden. Und sehr erstaunlich: Die Frau tut, was Elia sagt. Sie gibt alles, was sie hat, für ihn. Sie riskiert einen leeren Teller für sich und für ihren Sohn. Auch diese Frau vertraut Gott im Voraus. „Deinem Gott“ wie sie ihn genannt hat.

Sie handelt gehorsam. Was sie gedacht und gefühlt hat,  wissen wir nicht, wie viel Angst und Zweifel vielleicht in ihr war, aber in dem, was sie tut, vertraut sie und gehorcht. Und Gott segnet sie darin. Eine Heidin wird Vorbild im Glauben. Sie gibt ihr Letztes  im Vertrauen darauf,  dass Gott sie und ihren Sohn versorgen wird,  obwohl es menschlich gesehen keine Hoffnung, keine Perspektive dafür gibt.

Manchmal, das glaube ich, das gibt es,  manchmal haben Menschen, die gar nicht viel wissen von Gott, wenn es drauf ankommt, mehr Vertrauen oder sogar mehr Liebe als  andere, die ganz viel von Gott wissen. Liebe zu einem Fremden, Barmherzigkeit und Gottvertrauen lassen diese Frau ihren letzten Brotfladen backen. Für den Fremden.

Elia wird satt, so viel wie man eben von einem halben Brötchen satt werden kann. Und die Frau findet ihren Mehltopf voll Mehl und ihren Ölkrug voll Öl. Gott lässt sich nichts schenken. Gott geht ungewöhnliche Wege in einer Krise. Menschen gehen ungewöhnliche Wege in einer Krise. Gott gebraucht Menschen, oder im Fall von Elia sogar Tiere, von denen man es nie erwartet hätte.

Was haben wir sonst noch gehört in dieser Geschichte?
Was bleibt für dein Leben hängen?

Auch von negativen Beispielen kann man lernen. Es anders machen. Ahab hört nicht auf Gottes Warnung, er hat viele andere Götter neben Gott, aber es läuft doch alles gut! Krise? Was für eine Krise? Vielleicht lassen wir uns warnen.

Mutig, ermutigend fand ich, wie Elia zu Gottes Willen steht. Offen Missstände anprangert.    Obwohl er um Leib und Leben fürchten muss. Pressefreiheit und Glaubensfreiheit, das sind hohe Güter. Vor 10 Tagen wurde der niederländische Journalist Peter de Vries auf offener Straße erschossen. In seinem Fall war es nicht der Staat,  sondern die Drogenmafia,  der sein Einsatz nicht gefallen hat. In anderen Ländern ist es der Staat selbst, die Regierenden, die andere Meinungen oder Weltbilder verbieten und verfolgen.

Elia war ein gottesfürchtiger Investigativ-Journalist. Er hat sich mit dem König und seiner Königin angelegt. Wie 1000 Jahre später Johannes der Täufer, der es auch mit dem Leben bezahlen musste. Johannes, den Täufer, haben viel für den neuen Elia gehalten. Jemand, der bereit ist, sich auch mit der Obrigkeit anzulegen. Gott sei Dank für mutige Journalisten und mutige Christen.

Das Größte und Tröstlichste in der Geschichte finde ich:  Gott führt Menschen, Gott führt seine Menschen an Orte, wo er sie versorgt. Gott verbindet Menschen, dass sie füreinander da sind. Da backt eine Frau für einen Flüchtling ihr letztes Brot. Obwohl sie selber nichts hat. Sie ist ein Vorbild an Liebe und an Vertrauen zu Gott.

Menschen verschiedener Kultur und verschiedenen Glaubens unterstützen sich. Weil Gott es so gefügt hat. Gott hat den Flüchtling nach Zarpat gebracht. Und wer ihn aufnimmt, der wird gesegnet sein. „Ich war ein Fremder und ihr habt mich aufgenommen!“ So ähnlich hat es doch auch Jesus gesagt. Der Flüchtling Elia bekommt kein Bett in der Garage, keine Unterkunft bei Aldi sozusagen. Er bekommt das letzte Stück Brot.

Ich weiß nicht, was sie berührt hat in der Geschichte von Elia und Ahab, von Elia am Bach Kerith und von Elia und der Witwe. Ich schließe mal mit dem einen Punkt ab: Gott führt uns und Gott versorgt uns. Darum können wir getrost leben.

Amen

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