1 Thess 5, 14-24 Vierzehn Tipps zum Leben

Lest ihr Ratgeberbücher? Bücher mit Titeln: „Wie ernähre ich mich gesund? Wie organisiere ich mich selbst? Wie schaffe ich eine gesunde Bilanz zwischen Arbeit und Ruhe?“ Das ist moderne Weisheitsliteratur. Da gibt es gute Tipps zum Leben. So ähnlich liest sich unser Predigttext heute. Vierzehn „Tipps zum Leben“ von Paulus. Vierzehn Imperative. Paulus zählt sie auf  zum Ende seines Briefes an die Christen in Thessaloniki. Geschrieben um 50 nach Chr. Der 1. Thessalonicherbrief ist die älteste Schrift im Neuen Testament. Was gibt Paulus den Christen dort mit auf den Weg? Ich lese 1 Thess 5, 14-24.

14 Wir ermahnen euch aber, liebe Geschwister: Weist die Unordentlichen zurecht, tröstet die Kleinmütigen, tragt die Schwachen, seid geduldig gegen jedermann.
15 Seht zu, dass keiner dem andern Böses mit Bösem vergelte, sondern jagt allezeit dem Guten nach untereinander und gegen jedermann.
16 Seid allezeit fröhlich, 17 betet ohne Unterlass,
18 seid dankbar in allen Dingen; denn das ist der Wille Gottes in Christus Jesus an euch.
19 Den Geist dämpft nicht.
20 Prophetische Rede verachtet nicht.
21 Prüft aber alles, und das Gute behaltet.
22 Meidet das Böse in jeder Gestalt.
23 Er aber, der Gott des Friedens, heilige euch durch und durch und bewahre euren Geist samt Seele und Leib unversehrt, untadelig für die Ankunft unseres Herrn Jesus Christus.
24 Treu ist er, der euch ruft; er wird’s auch tun.

Vierzehn Ermutigungen. Vierzehn Wegweiser in die Richtung, wie Christen leben sollen: Miteinander und in ihrer Beziehung zu Gott.

Ein Thema des ganzen Briefes ist die Heiligung. Die Christen in Thessaloniki gehören jetzt auf Gottes Seite. Gott hat es ihnen geschenkt. Sie haben es angenommen. Sie gehören nicht mehr dieser Welt. Christen haben andere Maßstäbe für das Leben, andere Ziele, sie sind Gottes Salz und Licht in dieser Welt, sie haben eine Hoffnung, die die Welt nicht kennt. Zu dieser Hoffnung sind sie unterwegs. Christen sind hier auf der Erde in diesem Leben nur auf der Durchreise zu Gott, zum ewigen Leben. Aber wie lebt man als ein Mensch, der Gott gehört? Wie geht das, anders leben? Neu geboren? Woher kommt die Kraft und wie schaffen wir es, wirklich auf dem Weg zu bleiben?

Rechtfertigung nennt man das eine: Gott hat dich gerecht gemacht. Er hat uns alles Böse vergeben. Ausgeräumt. Du darfst wissen, dass du ganz und immer zu ihm gehörst. Das ist Rechtfertigung. Wir dürfen kommen wie wir sind. Heiligung ist das andere. Wie lebt man jetzt mit dem Heiligen? Wie lebt man als Mensch an Gottes Seite? Wir brauchen und sollen nicht bleiben, wie wir sind.

Das Wort „heilig“ auf Menschen bezogen bedeutet nicht, dass das bessere Menschen sind. Fehlerfrei womöglich. Heilige sind Menschen, die Gott gehören, so fehlerhaft sie auch sind. Heilig ist eine Besitzangabe. Ein kaputter Mensch kann Gott gehören und dann ist er heilig. Heiligung aber heißt, dass wir als Heilige mehr und mehr zu Menschen werden, die aus der Freude und in der Freiheit und in der Liebe Gottes leben.

Gott will seine Menschen mehr und mehr erreichen, verändern, im Glauben wachsen  lassen. Gottes Geist arbeitet an ihnen und sie lassen es zu, wollen das auch. Das ist Heiligung. Ein Prozess, der nie zu Ende ist. Jesus will uns immer mehr prägen.

Wir sind dabei nicht unbeteiligt. Sonst würde es keinen Sinn machen, dass Paulus uns zu einem bestimmten Verhalten auffordert. Aber von uns aus schaffen wir das nicht. Auch diese vierzehn Imperative muss man von hinten lesen. Am Ende schreibt Paulus: 23 Er aber, der Gott des Friedens, heilige euch durch und durch und bewahre euren Geist samt Seele und Leib unversehrt, untadelig für die Ankunft unseres Herrn Jesus Christus. 24 Treu ist er, der euch ruft; er wird’s auch tun.

Wir lassen zu, was Gott an uns tun will. Gott soll uns durch und durch heiligen, schreibt Paulus. Es ist Gott selbst, nach dem wir uns ausstrecken. Das können wir tun, nach Gott ausgestreckt bleiben. Die eigentliche Arbeit aber tut Gott selbst. Sein Geist ist unser Coach, unser Trainer und unsere Kraft.

In unserer Gemeinde planen wir einen Jüngerschaftskurs. Am 30. September beginnen wir.  Sieben Donnerstage treffen wir uns. Auch ein Einkehrtag ist angedacht. Und genau das ist unser Ziel. Auf dem Flyer steht: „Hast du auch den Wunsch weiter im Glauben zu wachsen? Möchtest Du Jesus weiter an dein Leben heranlassen? Fragst du, was ein nächster Schritt mit Jesus in deinem Leben sein könnte? Dann bist du bei uns richtig!“ Die Themen für den Kurs findet ihr auf den Flyern. Aus den vierzehn Imperativen von Paulus könnte man auch einen Jüngerschaftskurs machen. Ich versuche mal eine Gliederung in vier Teile und werde nicht auf jeden Imperativ eingehen.

Verse 14 und 15:  Das Klima der Gemeinde. Die Kultur. Unser Miteinander.

14 Wir ermahnen euch aber, liebe Geschwister: Weist die Unordentlichen zurecht, tröstet die Kleinmütigen, tragt die Schwachen, seid geduldig gegen jedermann. 15 Seht zu, dass keiner dem andern Böses mit Bösem vergelte, sondern jagt allezeit dem Guten nach untereinander und gegen jedermann.

Paulus, Silvanus und Timotheus haben diesen Brief schreiben. „Wir ermahnen euch!“ schreiben sie jetzt. „Ermahnen“  klingt streng in unseren Ohren. „Ermutigen“ kann man auch übersetzen. Wer ermahnt stellt sich wohlwollend, fördernd an die Seite des anderen. Vielleicht wird er auch einmal streng, sehr direkt, aber es geht immer darum, dem anderen zu dienen,  für den anderen zu sein.

Schwestern und Brüdern, alle werden hier ermahnt. Schon vor fast 100 Jahren war in einem theologischen Wörterbuch zu lesen, dass man „Brüder“ (adelphoi) an vielen Stellen der Bibel besser mit „Geschwister“ übersetzen müsste, da Frauen mit gemeint seien. Der Plural im Griechischen ist männlich, wenn eine Gruppe aus Männern und Frauen besteht, weil es keinen geschlechtsneutralen Plural im Griechischen gibt.

Tröstet die Kleinmutigen, tragt die Schwachen, vergeltet Böses nicht mit Bösem, jagt dem nach, was dem anderen gut tut, was er oder sie braucht, was sie aufbaut. Zu diesen Imperativen will ich nicht mehr sagen. Die erste Aufforderung aber kann schnell missverstanden werden: „Weist die Unordentlichen zurecht!“

Wer sind die Unordentlichen? Es geht nicht um Äußerlichkeiten, wie man gekleidet ist oder so etwas. Es geht um Menschen, die ihre Beziehungen nicht geordnet haben. Sie kriegen ihr Leben mit anderen oder auch mit der Gemeinde nicht mehr gebacken. „Ermahnt alle, die ein ungeregeltes Leben führen“  übersetzt die Gute Nachricht. Das griechische Wort heißt „ataktos“. Die sind nicht im Takt. Sie stehen nicht in Reih und Glied. Das Wort kommt aus dem Militärischen. Sie machen nicht mit, stehen immer daneben, sind ständig in Opposition, sie stehen am Rand und sind selten gesehen.

Ataktoi sind Menschen, die ihren Platz in einer Gemeinschaft oder einer Aufgabe verlassen haben. Sie können vielleicht selber darunter sehr leiden oder sie merken es gar nicht. Sie stehen am Rand und halten sich für den Mittelpunkt. „Weist die Unordentlichen zurecht!“ Das ist hart übersetzt. Da steht das gleiche Wort im Griechischen (parakaleo): ermahnen:

„Ermahnt alle, die ein ungeregeltes Leben führen. Sprecht sie an. Redet ihnen zu. Sucht das Gespräch. Ermutigt sie, fordert sie heraus. Redet streng, wenn ihr sie so erreicht und ihnen damit helft. Stellt euch an ihre Seite. Seelsorge an Menschen, die in ihren Beziehungen  an den Rand geraten sind oder sich nur noch verweigern: Vergesst sie nicht. Das geht nicht mit einer schnellen Zurechtweisung. Das braucht Liebe und Geduld. Dass sie ihren Platz wieder finden, das kann doch nur der Heilige Geist bewirken!  Stimmt. Uns trotzdem steht hier ein Imperativ. Gott will uns für Menschen einsetzen, die ihr Leben nicht auf die Reihe kriegen.

Vielleicht ist das sein Imperativ, seine Aufforderung gerade heute an dich. Kennst du jemand, der nicht mehr in Reih und Glied ist in seinem Leben? Die oder der die Ordnung verloren hat? Keinen Takt mehr findet für sein Leben? Der sich selber an den Rand manövriert hat? Dann lass dich von Gott zu diesem Menschen schicken. Sei einfach für ihn.

V16-18:  Die Quellen der Kraft für ein Leben als Christ 

16 Seid allezeit fröhlich, 17 betet ohne Unterlass, 18 seid dankbar in allen Dingen; denn das ist der Wille Gottes in Christus Jesus an euch.

Immer fröhlich sein? Ohne Aufhören beten?  In allem dankbar sein?  Das geht doch gar nicht. Das kann doch keiner. Auf welcher Welt lebt Paulus? Aber das sind die Quellen für ein geistliches Leben:  Freude über Jesus, Gebet und Dankbarkeit.

„Lachen hat seine Zeit, und Weinen hat seine Zeit“ steht in der Bibel (Pred 3,4). Allezeit fröhlich sein bedeutet, dass wir immer auf dem Weg bleiben, dass die Freude an Christus  unsere größte Freude ist. Eine Freude, die uns trägt und auch an den Tagen, wo Weinen seine Zeit hat, die Trauer noch überragt. Den Philippern hat Paulus geschrieben: „Freut euch in dem Herrn allewege; und ich sage es noch einmal: Freut euch in dem Herrn!“ Da sitzt Paulus im Gefängnis! Und die Freude an Christus ist seine Kraft! (Phil 4,4).

Das wäre auch ein Thema für einen Jüngerschaftskurs: Was kann ich tun, wie kann ich dahin kommen, dass die Freude über Jesus meine größte Freude ist, die alles überragt?! Aber auch jetzt schon kann das trösten, wenn es einem nicht gut geht, wenn das Leben schwer wird,  wenn man es sich selber sagt, laut vielleicht, sich erinnert: Meine Freude habe ich in Christus! Er ist meine Freude!

Allezeit beten, das fängt damit an, dass man regelmäßig betet. Vielleicht zu festen Zeiten. Wer regelmäßig betet, morgens in den Tag sieht, abends mit ihm in den Tag zurück sieht, der wird erleben, dass er immer mehr ständig im Gespräch mit Jesus ist. Als würde Jesus neben mir her gehen. Wie auf einem Spaziergang oder  bei gemeinsamer Arbeit. Da hat man auch Zeiten, in denen man nebeneinander  schweigt. Aber der andere ist da. Man weiß umeinander. Man spricht immer wieder. Bittet, lobt und dankt.

Auch den Philippern schrieb Paulus: „In allen Dingen lasst eure Bitten in Gebet und Flehen mit Danksagung vor Gott laut werden!“ (Phil 4, 6) Dankbarkeit ist die dritte Quelle der Kraft. Es gibt  keinen Tag, an dem es nichts zu danken gibt. Das glaube ich. Ich habe es mir schon lange zur Gewohnheit gemacht, abends in einem Gebet Gott zu danken für das, was gut war. Und auch an schweren Tagen gab es keinen Abend, an dem ich nicht auch danken konnte. Ich glaube, dankbar sein, das kann man wollen und das kann man üben.

Seid allezeit fröhlich! Betet ohne aufzuhören! Seid dankbar in allen Dingen! Das und was die anderen Imperative sagen immer mehr zu lernen, das ist Heiligung. Ein Kurs, der das unterstützt, das ist ein guter Jüngerschaftskurs.

V19-22 Der Geist ist unser Entwickler.
Unser Lehrer und Trainer. Unsere Entwicklungshilfe.

19 Den Geist dämpft nicht. 20 Prophetische Rede verachtet nicht. 21 Prüft aber alles, und das Gute behaltet. 22 Meidet das Böse in jeder Gestalt.

Das ist der Schlüssel zur Heiligung:  Den Geist dämpft nicht. Lass den Heiligen Geist seine Arbeit an dir tun. Lauf ihm nicht aus der Schule. Halte dich nicht für fertig. Sei nicht mit dir zufrieden, wo Gott dich weiter entwickeln will. Der Heilige Geist, das ist Gott selbst der dich bewegen will. Gott selbst ganz nahe.

„Ich komme wieder“ hat Jesus in seinen Abschiedsreden gesagt, als er versprochen hat, den Heiligen Geist zu senden (Joh 14,18). „Der Herr ist der Geist“ schreibt Paulus den Korinthern (2 Kor 3,17). Der Heilige Geist ist Gott der Vater du der Sohn vor dir, an dir, der dich berührt, der will, dass du aufstehst, der dich erinnert, der dir Kraft gibt, neue Liebe zu dir und anderen.

„Die der Geist Gottes treibt, sie sind Gottes Kinder!“ schreibt Paulus den Römern (8,14) Christen glauben nicht nur an einen Gott, der einmal diese Welt geschaffen  hat, an einen Sohn, an Jesus, der einmal gelebt hat, Christen glauben an den Heiligen Geist: An Gottes Nähe und Wirkung heute. Dass er uns weiter entwickeln will!

Dämpft den Heiligen Geist nicht!“ „Legt dem Wirken des Heiligen Geist nichts in den Weg!“ (Neue Genfer) „Betrübt den Heiligen Geist nicht!“ schreibt Paulus im Epheserbrief. (4,30) Und dann geht es dort weiter: „(…) Weg mit aller Verbitterung, mit Aufbrausen, Zorn und Beleidigung! (…) Seid freundlich  und  hilfsbereit zueinander!“ (Gute Nachricht)
Bitterkeit und Zorn passen nicht zu Gott. Sie passen nicht zum Heiligen Geist. Wer im Geist lebt, sucht das Beste für den anderen.

Was Paulus in seinem allerersten Brief begonnen hat, setzt er in seinen anderen Briefen fort. Das sind nicht vierzehn zufällige, beliebig austauschbare Imperative, sondern Paulus versucht mit ihnen zusammenzufassen, wie das Leben eines Christen, wie das Leben im Heiligen Geist aussieht.

In unserem Text wird aber noch ein besonderer Akzent gesetzt:
„Prophetische Rede verachtet nicht. Prüft alles, das Gute behaltet.“

Gottes Geist redet meist durch andere Menschen! Verachtet das nicht. Prüft es. Nehmt es nicht einfach naiv hin. Seid kritisch, wenn jemand euch von Gott her etwas zu sagen hat.
Schluckt es nicht gleich! Aber rechnet damit! Seid offen dafür! Nicht nur in der Predigt, auch im persönlichen Gespräch.

Prophetie ist nicht zuerst Zukunftsansage,  sondern Gottes Rede durch einen Menschen in bestimmte Situationen hinein, auch zu bestimmten Menschen ganz persönlich. Prophetie ist eine umstrittene Gabe. Scheinbar war sie auch damals umstritten. Das liegt daran,  dass sie nie 100%-ig einzuordnen ist. Es ist immer Menschliches dabei, wenn Gott durch Menschen spricht.

Nicht die Gabe der Prophetie ist verdächtig, aber der Missbrauch dieser Gabe macht sie verdächtig. Wenn jemand sagt, „der Herr hat mir gesagt“, und keiner kann es prüfen, und er selbst prüft es auch nicht mehr. Besonders wenn jemand sagt, „der Herr hat mir für dich gesagt, du sollst …“ Im Neuen Testament gehört die Prüfung zur Prophetie. Auch die Gemeinde, auch der andere Christ hat den Heiligen Geist.

Auch Propheten können irren. Die menschliche und geistliche Reife des Propheten selbst spielt eine Rolle. Auch seine Erkenntnis, seine Gefühle. Prophetie ist nichts Ekstatisches:  Propheten denken nach, verantworten ihre Rede, suchen den rechten Zeitpunkt und die rechte Art und Weise, um etwas anzusprechen. Empfehlen kann ich zum Thema Prophetie das Buch von Heinrich Christian Rust „Prophetisch leben – prophetisch dienen“.

Wer prophetisch redet und wer es hört, beide sollen wach sein, prüfen, was sie sagen oder hören. Aber wer prophetische Rede verachtet, der verachtet die Weise, wie der Heilige Geist zu uns redet. Der dämpft den Heiligen Geist. Wer sich von Gott durch einen Menschen nichts sagen lässt, der betrübt den Heiligen Geist.

Vierzehn Tipps zum geistlichen Leben.
An welchen will Gott dich heute vielleicht besonders erinnern?

Ich schließe mit den letzten Versen unseres Predigttextes:
V 23-24:  Er wird es tun.

„Er aber, der Gott des Friedens, heilige euch durch und durch und bewahre euren Geist samt Seele und Leib unversehrt, untadelig für die Ankunft unseres Herrn Jesus Christus. Treu ist er, der euch ruft. Er wird es tun!“

 

Amen

Zurück