Judas, ein Jünger Jesu

Judas, ein Jünger Jesu
Mat 26,14-15 (Plan des Judas), / Mat 26, 20-25 (Jesu Hinweis beim Abendmahl)
Mat 26, 47-50 (Kuss und Gefangennahme) / Mat 27, 3-10 (Reue und Tod)

Ich möchte heute von einem Jünger von Jesus erzählen, von einem Menschen, den Jesus selbst in seine Nachfolge gerufen hat, in den engsten Kreis seiner Vertrauten, einen, der zu den Zwölf gehörte. Heute geht es um einen, der alles für Jesus zurückgelassen hat, um ihm nachzufolgen. Ein Mensch, den Jesus gesehen hat und den er dann erwählt und berufen hat. Einer, der das Privileg hatte, ganz eng mit Jesus verbunden zu leben. Heute geht es also um einen aus unserer Sicht sehr beneidenswerten Menschen, in den Jesus sein Vertrauen gesetzt hat und der ihn doch am Ende verraten  hat. Er hat ihn den oberen Juden ausgeliefert. Es geht um Judas.

Wie kann das sein, dass einer, der Jesus Tag und Nacht drei Jahre hautnah erlebt hatte, zu seinem Verräter wurde? Judas war enttäuscht von Jesus. Nicht irgendwie oberflächlich, sondern so tief, dass er darunter gelitten hat. Er hat Hoffnungen mit Jesus verbunden, die er nicht erfüllte. Das, was Jesus lehrte  und was er sagte, was ihm noch passieren würde, lief dem ganz entgegen, was Judas von ihm erwartet hat und worauf er doch sein Leben gesetzt hatte.

Judas litt unter der Unsichtbarkeit des Reiches Gottes. Judas verstand nicht, warum Jesus sich nicht durchsetzte. Wenn er der König ist, warum zeigt er sich nicht als solcher? Ein paar Mal hatte er schon gesagt, dass er sterben würde, hingerichtet würde. Dann wär doch alles umsonst gewesen! Judas ist enttäuscht. Judas geht innerlich auf Distanz. Seine innere Verbindung zu Jesus wird immer dünner. Äußerlich ist er noch dabei. Innerlich rebelliert er. Aber er spricht mit niemand. Mit Jesus nicht. Mit den anderen nicht. Judas wählt den Rückzug. Die innere Isolation. Äußerlich ist er noch da, innerlich ist er schon weg.

Solche Situationen nutzt der Teufel. Wie ein Löwe geht er umher. Wenn sich ein Tier  von der Herde entfernt,  hat er leichtes Spiel. Judas wird nicht der letzte sein, der von Jesus enttäuscht wird. Und er ist auch nicht der letzte, der sich dann von Jesus entfernt. Viele Menschen haben ihr Bild  von Gott, ihre Erwartungen an ihn. Wenn Gott sie nicht erfüllt, gibt es immer zwei Möglichkeiten:

Entweder man gibt sein Bild von Gott auf oder man gibt Gott auf. Entweder man korrigiert seine Vorstellungen von Gott oder man zweifelt, lehnt sich auf, entfernt sich von Gott, weil er die eigenen Hoffnungen nicht erfüllt. Und am Ende verrät man ihn sogar. Wer es nicht wie Judas machen möchte, der bleibt bei Jesus, auch wenn er ihn nicht mehr versteht. Der redet mit ihm. Der klagt ihm seine Not. Der stellt ihm seine Fragen. Um sich selbst und ihm und am Ende dieser Welt nichts vorzumachen.

Judas war ein Jünger Jesu. Er hat verbissen an seiner Wahrheit festgehalten, sich immer mehr zurück gezogen, sich stolz überhoben, dass die anderen nicht sehen, dass Jesus in sein Verderben läuft  und  sie alle mitreißen wird. Judas hat den Weg nicht zurückgefunden, innerlich nicht und dann auch äußerlich nicht.

Satan fuhr in ihn, scheibt Lukas (22,3). Wer ist Satan? Satan ist ein gefallener Engel, ein Engel, der sich bewusst gegen Gott gestellt hat, der alles zerstören will, was Gott an Leben, an Liebe, an Herrschaft aufgebaut hat oder aufbauen will. Satan ist ein anderes Wort für den Teufel. Er will Gott seine Herrschaft streitig machen. Er versucht alles und jeden und jede aus der Herrschaft Gottes herauszuziehen. Auf seine Seite.

Dazu betrügt er, lügt er, wird er zum Schauspieler, verstellt sich. Er versucht Menschen in sein Spiel einzubinden. Sein Spiel gegen Gott. Eine seiner hervorragenden Techniken ist es, Spaltungen herbei zu führen, Menschen Gottes gegeneinander aufzubringen.

Unsere Hoffnungen aber auch unsere Verletzungen können Einfallstore für sein Wirken werden. Er ist wie ein Arzt, der sieht, wo wir krank sind  und  dann macht er uns genau da noch kränker, schadet uns  und  durch uns vielleicht einer ganzen Gemeinschaft. Bis wir am Ende Jesus verraten und nur noch unsere eigenen Pläne verfolgen.

Judas wollte ganz sicher nicht dem Teufel dienen. Judas hat es immer nur gut gemeint.  Aber den Teufel schert das nicht.  Er nimmt wen er kriegen kann. Warum macht Judas das?  Was treibt ihn an? Wollte er sich an Jesus rächen? Wollte er Jesus vorführen und zeigen, wie machtlos er ist? Oder wollte er umgekehrt, dass Jesus endlich seine Macht zeigt? Wer weiß das. Ging es ihm um das Geld?  Bei Matthäus lesen wir:

Judas ging zu den Hohen Priestern und sagte: Was gebt ihr mir, wenn ich ihn an euch ausliefere? Und sie vereinbarten mit ihm dreißig Silberstücke.  Von da an suchte er eine günstige Gelegenheit, ihn auszuliefern. (Matthäus 26, 14-16)

Dreißig Silberstücke, das ist die Summe, die man damals für einen Sklaven zahlen musste. So viel ist das nicht. Für einen Sklaven aber doch so viel, dass einer sein Leben dafür freikaufen könnte. Sollte ein Jünger Jesu seinen Herrn für 30 Silberstücke verraten? Mir scheint das zu wenig als Motiv. Judas wird ja nachgesagt, dass er mit Geld seine Probleme hatte.  Das war ein Bereich, in dem es ihm  nicht leicht fiel,  loszulassen, Jesus zu vertrauen und ihm  die Ehre zu geben. Aber verrät ein Jünger Jesu seinen Herrn um des Geldes willen?

Wollte Judas sich bei den Priestern ein gutes Ansehen verschaffen? Wollte er seine Haut retten,  wenn Jesus wirklich leiden müsste?  Wollte er diesen Weg nicht mitgehen? „Jesus, ja! Aber nicht wenn ich mit ihm leiden soll. Dann steige ich aus!“? Ist das die Stimme von Judas, die wir da hören? Scheut er es, zu leiden und verrät darum seinen Herrn? Ich weiß nicht. Vielleicht wollte er nur das Beste. Vielleicht hoffte er wirklich, dass jetzt  endlich das Richtige siegt, die Wahrheit sich durchsetzt, wenn er in Opposition geht, wenn er eine regelrechte Feindschaft aufbaut.  Es gibt diese Vermutung, dass Judas eigentlich nur das Beste wollte.

Wenn ich an seiner Stelle gewesen wäre: Hätte mir das auch passieren können? … Hättest du auch ein Judas sein können? Ein vertrauter Jünger Jesu zu sein, schützt nicht davor, vom Teufel benutzt zu werden. Matthäus 26 lesen wir:

20 Am Abend saß Jesus mit den Zwölfen bei Tisch.  21 Und während sie aßen, sagte er: ich weiß es. Ich sage es euch: Einer von euch wird mich ausliefern.  22 Und sie wurden sehr traurig und begannen, einer nach dem andern, ihn zu fragen: Bin etwa ich es, Herr?  (Matthäus 26, 20-22)

Keiner der Jünger ist weit weg von Judas. Jeder weiß um seine eigene Versuchlichkeit. Jeder weiß, dass er blinde Flecken hat, stolz sein kann,  aus Enttäuschung  anderen zum Feind werden kann. Keiner schließt aus, dass ihm das auch Jesus gegenüber passieren kann. „Bin ich es, Herr?“ Über Judas kann man so und auch anders nachdenken. Man kann ihn verfluchen,  ihm den Teufel an den Hals wünschen, oder man kann fragen „Bin ich es, Herr? Verrate ich dich? Schade ich dir? Habe ich mich von dir entfernt?“

Jesus antwortete (V23-24): „Der die Hand mit mir in die Schüssel taucht, der wird mich ausliefern.“ Der hier mit mir zu Tische sitzt, der wird mich verraten! Der Menschensohn geht zwar dahin, wie es schon die Propheten über ihn geschrieben haben, doch wehe dem Menschen, durch den der Menschensohn ausgeliefert wird. Es wäre besser, er wäre nicht geboren, dieser Mensch! Er, der mich verrät, wird Furchtbares leiden.    Er wird sich wünschen, nie geboren worden zu sein. Es wird ihn zerreißen.“

25 Da fragte Judas ihn: „Bin etwa ich es, Rabbi?“ Und Jesus antwortete ihm: „Du sagst es!“ Was war das denn für ein Dialog? Laut, von allen zu hören, kann man sich diese Sätze nicht vorstellen. Warnt Jesus seinen Jünger? Sagt er ihm, wohin es  führen wird, wenn er sich nicht wieder bekehrt, sich zu ihm hinwendet? Ein kurzer sachlicher Informationsaustausch war das sicher nicht: „Werde ich dich verraten?“ „Ja, Judas. Richtig. Du hast es geraten. Komm, nun lass uns weiter essen.“ … Nein. Hier ist irgendetwas sehr Persönliches geschehen. „Weißt du wirklich, was du da tun willst?“ Als Frage von Jesus an Judas, so würde ich diese Situation übersetzen. „Ja,  Du bist es. Pass auf dich auf. Kehre um.“

Judas gehört nicht mehr zu ihnen. Mit dem letzten Bissen im Mund verlässt er den Tisch, verlässt er den Raum mit Jesus, geht er vor die Tür. Er wird nicht zurückkehren. Er hat den Schlusssticht gezogen. Ich glaube nicht, dass es Judas gut dabei ging. Ich vermute, er hatte Angst vor dem, was er jetzt tun musste, tun wollte. Angst vor dem, was jetzt geschehen musste. Ein verzweifelter Jünger, der Jesus seinen Rücken zugekehrt hat. Und vielleicht denkt er noch in diesem Moment: Es muss so sein. Ich muss Jesus unter Druck setzen. Ich werde ihn zum Handeln zwingen, indem ich ihn angreife und bloßstelle.

Die Juden haben sicher gewusst, wo Jesus sich aufgehalten hat. Auch für die Tempelpolizei, die jüdischen bewaffneten Ordnungshüter, wird es nicht schwer gewesen sein. Aber sie wollten einen Moment abpassen, in dem keine Zeugen dabei sind, wo Jesus alleine ist mit seinen Jüngern. Dazu sollte Judas ihnen helfen. Matthäus Kapitel 26 ab Vers 47 lesen wir:

47 Und während Jesus in der Nacht im Garten Gethsemane noch mit seinen Jüngern redete, da kam Judas, einer von den Zwölfen, und mit ihm eine große Schar mit Schwertern und Knüppeln im Auftrag der Hohen Priester und der Ältesten des Volkes.  48 Der ihn aber auslieferte, hatte mit ihnen ein Zeichen verabredet: Den ich küssen werde, der ist es. Den nehmt fest!  49 Und sogleich ging er auf Jesus zu und sagte: Sei gegrüßt, Rabbi, und küsste ihn. 50 Jesus sagte zu ihm: Freund, dazu bist du gekommen! Da kamen sie auf ihn zu, ergriffen ihn und nahmen ihn fest. (Matthäus 26, 47 – 50)

Die Soldaten kennen Jesus nicht. Für sie war es ein Mann unter vielen. Es hätte jeder dieser Männer dort in diesem kleinen Park sein können. Zwölf Männer,  die im Dunkeln sitzen  und einen müden Eindruck machen. Sie haben wohl dort geschlafen. Jesus hat nicht irgendwie geleuchtet,  er hatte keinen Heiligenschein, er hatte kein königliches Gewand an. Sie brauchten ein Zeichen, wer es ist, um ihn verhaften zu können.

Ein Kuss wird zum Zeichen des Verräters. Ein Zeichen der Liebe, eine zärtliche Geste wird zum Bösen eingesetzt. Die anderen sollen nicht sehen, was Judas tut. Im Geheimen verrät er ihn. Er tut ganz herzlich. Es reicht, wenn die Tempelsoldaten das Zeichen verstehen. Die, mit denen er sich verbunden hat, verstehen sein Zeichen. Judas kann sich hinter seinem Kuss verstecken: „Ich war doch so wie immer. Ich habe ihn sogar geküsst. Ich habe doch gar nichts gemacht!“ Die Form gewahrt und Jesus ans Messer geliefert. Nicht jeder, der einen grüßt und küsst, meint es gut mit einem. Menschen können freundlich tun und ein Messer in der Tasche haben.

Und ich glaube immer noch nicht, dass es Judas gut damit ging. Er steht nicht zu dem, was er tut. Er schämt sich. Er weiß, dass es verkehrt ist. Und Jesus nennt ihn auch noch Freund in diesem Moment! Er deckt ihn nicht auf Er stellt ihn nicht bloß. Jesus schützt ihn vor den anderen. Vielleicht denkt er „Er weiß doch nicht, was er tut!“? „Vater, vergib ihm. Er weiß doch nicht, was er tut!“ Jesus weckt keine Wut bei seinen anderen Jüngern gegen Judas.

Jesus wird verhaftet und Judas stürzt in das dunkelste Loch. Er stürzt in die tiefste Verzweiflung.  Was er getan? Was werden sie mit ihm tun? Sie werden ihn den Römern ausliefern. Die werden ihn foltern!  Wie sehr wird Jesus leiden! Es zerreißt Judas. Er hält es nicht aus. Vorher war er enttäuscht von Jesus. Jetzt ist er absolut verzweifelt über sich selbst. Sie werden ihn umbringen! Das wusste er doch! In Matthäus 27 lesen wir:

3 Als nun Judas, der ihn ausgeliefert hatte, sah, dass er verurteilt war, reute es ihn, und er brachte die dreißig Silberstücke den Hohen Priestern und Ältesten zurück  4 und sagte: Ich habe gesündigt, unschuldiges Blut habe ich ausgeliefert. Sie aber sagten: Was geht das uns an? Sieh du zu!  5 Da warf er die Silberstücke in den Tempel, machte sich davon, ging und erhängte sich.  6 Die Hohen Priester aber nahmen die Silberstücke und sagten: Es ist nicht erlaubt, sie zum Tempelschatz zu legen, weil es Blutgeld ist.  7 Sie beschlossen, davon den Töpferacker zu kaufen als Begräbnisstätte für die Fremden.  (Matthäus 27, 3–7)

Dürfen wir als Christen mit Judas mitfühlen? Darf er uns leidtun? Dürfen, können wir mit ihm fühlen? Judas weint. Judas kriegt keine Luft mehr. Judas erlebt einen nicht aufhörenden Alptraum. Er möchte sich selbst verletzten, um den Schmerz auszudrücken, sichtbar zu machen, um den Schmerz zu überwinden.

Seine Reue ist mehr als echt. Nur wenige, vielleicht kein anderer Mensch erlebt diese Verzweiflung. Er ist der Schlimmste aller Sünder. Er hat das Schlimmste getan, was ein Mensch tun kann. Ach wäre er doch nie geboren. Ach, wäre er doch Jesus nie begegnet. Und Judas  hat niemanden, mit der oder dem er reden kann. Er bleibt einsam. Mit den Hohen Priestern kann er reden. Zu ihnen geht er. Er beichtet seine Schuld. Er will das Geld nicht mehr. Er wirft es in den Tempel. Sie wollen mit ihm nichts mehr zu tun haben. Er hat seinen Dienst für sie getan. „Sie zu, wie du damit jetzt zurechtkommst! Wir können dir nun wirklich nicht dabei helfen!“

„Dieser Mann ist unschuldig! Unschuldiges Blut wird vergossen werden.“ Judas ist der  Einzige, der als Mittäter an den Leiden Jesu den Justizmord erkennt. Er ist der Einzige, der seine Schuld erkennt und sie öffentlich benennt. Er ist der Einzige, der umkehrt, der Buße tut, jetzt, wo es zu spät ist. Von keinem anderen wird das berichtet. Nicht von den Priestern, nicht von Pilatus. Die Soldaten schwingen den Hammer, das Volk steht stumm dabei oder es jubelt, sogar die Jünger fliehen. Nur Judas packt die Reue. Er ist über sich verzweifelt. Es tut ihm leid wie irgendetwas einem Menschen nur leidtun kann. Er benennt sein Verbrechen. Er findet keine Entschuldigungen, keine mildernde Umstände. Er verurteilt sich zum Tode.

Judas spricht als einziger die Wahrheit zur Hinrichtung von Jesus u aus: „Ein Unschuldiger wird getötet.“ Und dann vollzieht er an sich selbst das Urteil, das nach jüdischem Recht über den zu verhängen ist, der eine falsche Anklage erhoben hat. Er erhängt sich selbst. Falsche Ankläger sollten mit derselben Strafe bestraft werden, die sie über den bringen wollten,   den sie angeschuldigt haben.

Judas. Ein Jünger Jesu. Einer, den Jesus gerufen hat und in den er viel investiert hat. Judas hat viel mit uns zu tun. Er stellt uns wichtige Fragen für unseren Glauben:

  • Wie gehen wir mit ernsten Enttäuschungen um?
  • Wo ziehen wir uns zurück und machen uns dadurch angreifbar?
  • Wo machen wir uns anderen zu Feinden und meinen damit sogar noch Gutes bewirken zu können?
  • Wie gehen wir mit unserer Schuld um?
  • Suchen wir jemanden, mit dem wir reden können? Sind wir offen und ehrlich, wenn wir beten?
  • Was tun wir, wenn wir verzweifelt sind?
  • Wie gehen wir mit anderen um, die schuldig geworden sind?

Gibt es noch Hoffnung für Judas? Ist Judas verloren? Wer will ihn verurteilen? Wer will sagen „Ich bin es Herr. Mir würde das nie passieren. Ich werfe den ersten Stein. Er hat es verdient, dieser Judas. Jeus hat noch am Kreuz gebetet: „Vater vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun?“ Hatte er da nur die vor Augen, die jetzt gerade an seiner Kreuzigung teilnahmen? Was hätten dann wir davon? Was hätte Judas davon? Wir waren noch nicht geboren Judas war doch schon gestorben. Ist Judas verloren?

Der Theologe Rolf Wischnath schreibt: „Dieser ‚Selbstmörder‘ weiß nicht, dass an diesem Tag ein anderer für ihn und seine Schuld sterben wird. Er kann das Leiden, den Tod Jesu nicht umkehren, nicht aufhalten. Er kann es nicht verhindern, dass Jesus auch für ihn stirbt.“ Einer muss doch gestraft werden, denken wir vielleicht. Einer muss doch Schuld haben. Einer muss  schrecklich bestraft werden, dass Jesus so sterben musste! Ja. Jesus ist dafür schrecklich gestorben, damit Sünder, Menschen, die schuld sind, wieder Hoffnung haben.

In der Wallfahrtskirche Saint-Marie-Madeleine in Frankreich ist oben an der Säule an einem Kapitell Judas abgebildet, am Strick, erhängt. Gleich daneben ein Bild von Jesus, dem Auferstandenen:  Er hat sich Judas über die Schulter gelegt und trägt den Erhängten zu sich nach Hause. Wie der Hirte ein verlorenes Schaf trägt. Judas ist wahrhaftig kein Vorbild. Aber Jesus handelt vorbildlich an ihm. Tröstlich auch für mich. Helmut Thielicke hat es so auf den Punkt gebracht: „Jesus ist nicht wegen Judas gestorben, er ist für Judas gestorben.“ Jesus ist auch nicht wegen mir gestorben. Er ist für mich gestorben.

Amen.

Sehr profitiert habe ich von den im Internet zu findenden Predigten zu Judas von Cornelia Tick, 2017 in Brombach, Rolf Wischnath, 2016 im Weigle Haus in Essen, und vom Bistum Augsburg von 2019.

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