Römer 6, 1-11 Eins mit Christus durch die Taufe

24.7.2022

Ich lese den Predigttext aus Römer 6, Verse 1-11:

1Welchen Schluss ziehen wir nun daraus? Sollen wir weiterhin sündigen, damit sich die Gnade in vollem Maß auswirkt? 2Niemals! Wir sind doch, was die Sünde betrifft, gestorben. Wie können wir da noch länger mit der Sünde leben? 3 Oder wisst ihr nicht, was es heißt, auf Jesus Christus getauft zu sein? Wisst ihr nicht, dass wir alle durch diese Taufe mit einbezogen worden sind in seinen Tod?

4 Durch die Taufe sind wir mit Christus gestorben und sind daher auch mit ihm begraben worden. Weil nun aber Christus durch die unvergleichlich herrliche Macht des Vaters von den Toten auferstanden ist, ist auch unser Leben neu geworden, und das bedeutet: Wir sollen jetzt ein neues Leben führen. 5 Denn wenn sein Tod gewissermaßen unser Tod geworden ist und wir auf diese Weise mit ihm eins geworden sind, dann werden wir auch im Hinblick auf seine Auferstehung mit ihm eins sein. 6 Was wir verstehen müssen, ist dies: Der Mensch, der wir waren, als wir noch ohne Christus lebten, ist mit ihm gekreuzigt worden, damit unser sündiges Wesen unwirksam gemacht wird und wir nicht länger der Sünde dienen.

7 Denn wer gestorben ist, ist vom Herrschaftsanspruch der Sünde befreit. 8 Und da wir mit Christus gestorben sind, vertrauen wir darauf, dass wir auch mit ihm leben werden. 9 Wir wissen ja, dass Christus, nachdem er von den Toten auferstanden ist, nicht mehr sterben wird; der Tod hat keine Macht mehr über ihn. 10 Denn sein Sterben war ein Sterben für die Sünde, ein Opfer, das einmal geschehen ist und für immer gilt; sein Leben aber ist ein Leben für Gott. 11 Dasselbe gilt darum auch für euch: Geht von der Tatsache aus, dass ihr für die Sünde tot seid, aber in Jesus Christus für Gott lebt.                                                               (Römer 6, 1-11; Neue Genfer Übersetzung)

Liebe Gemeinde,

was macht die Taufe mit einem Menschen? Die Taufe macht Menschen, die von Jesus gehört haben, die zum Glauben gekommen sind, eins mit Jesus Christus. Menschen werden in Christus eingepflanzt, könnte man sagen. Sie werden ein Teil von ihm. Und die Taufe schenkt und beauftragt und bevollmächtigt zu einem neuen Leben. Damit wird die Taufe ganz hoch gehängt. Das klingt sehr überhöht. Aber darum geht es Paulus in diesem Text.

Römer 6 ist der große prägende Text zur Taufe im Neuen Testament.  Aber zunächst einmal  antwortet Paulus auf eine andere Frage. Die Taufe ist nicht das Hauptthema. Paulus predigt, dass wir allein aus Glauben gerettet werden. Unsere eigenen Taten und Leistungen können uns nicht retten. Das Gesetz und die Gebote haben nicht die Kraft, uns zu retten. Allein weil wir Jesus vertrauen, dadurch werden wir gerettet.

Seine Gegner werfen ihm vor, dass er dadurch der Sünde Tür und Tor öffnet. Wenn Gottes Liebe und Barmherzigkeit so groß gemacht werden, fallen da nicht alle moralischen Maßstäbe in sich zusammen? „Du nimmst den Menschen den Antrieb, nach Gottes Willen zu leben, Paulus!“ Vielleicht zitiert Paulus sogar seine Gegner: „Wenn Gottes Gnade so groß ist, wird sie dann nicht noch viel größer, wenn wir weitersündigen? Wenn Gott alles vergibt, dann lasst uns doch leben wie es uns Spaß  macht! Fressen, feiern, flirten und fluchen. Dann sind wir ungehorsam, machen alles mit in der Welt, und Gottes Liebe kommt ganz groß dabei heraus. Nein! Zu viel Gnade ist schlecht für die Moral.“ sagen Paulus‘ Gegner. „Wenn die Menschen wissen, dass Gott ihnen vergibt, dann nehmen sie ihn am Ende nicht mehr ernst. Oder? Sollen wir weiter sündigen, damit Gottes Gnade noch mehr sichtbar wird?“

Nein, sagt Paulus laut und deutlich. Wir sind der Sünde gestorben! Wie können wir dann weiter sündigen? Oder wisst ihr nicht, was in der Taufe geschehen ist?  Wer weiter sündigt,  der gehorcht einer Regierung,  die es für ihn oder sie gar nicht mehr gibt. Ihr geht zurück in die alte Sklaverei eurer Begierden, eures Egoismus, eurer Sünde, von der Christus euch doch befreit hat. „Oder wisst ihr nicht, was es heißt, auf Jesus Christus getauft zu sein?“ (V3) Und jetzt erst geht es um die Taufe.

In der Taufe beginnt ein neues Leben und das beginnt, weil etwas Altes in den Tod gegeben wird. Der alte Mensch wird in der Taufe in den Tod gegeben! Den alten Adam, Bernd, Christian, Detlef, Erst, Fritz gibt es nicht mehr. Ihr seid neu geworden in der Taufe. Die Gefahr, unsere Sünden zu verharmlosen, gibt es natürlich heute wie damals. Man kann sich auf der Gnade ausruhen und sein altes Leben weiterleben. Man kann die Freiheit leugnen, die Jesus uns geschenkt hat.

Stellt euch vor, da sitzt einer im Gefängnis. Lebenslang. Keine Hoffnung mehr. Er wird erst dann wieder von seiner Schuld und Strafe frei sein, wenn er stirbt. Mit dem Tod hat auch seine Strafe ihr Ende. Dann ist er wieder frei. – Wir alle sind es, die im Gefängnis saßen. Das Gefängnis heißt „Macht der Sünde“. Und Jesus ist für uns gestorben; durch die Taufe haben wir Anteil an seinem Tod. Wir können raus aus unserem Gefängnis. Wir sind frei. Unsere Taufe war die Tür zur Freiheit. Der Tod des alten Adams oder der alten Eva und der Beginn eines neuen Lebens.

Was macht die Taufe mit einem Menschen? Zuerst einmal macht sie ihn nass. Wasser gehört dazu. Dann bringt sie ihn ans andere Ufer, in ein neues Land. So wie Israel es erlebt hat, als das Volk aus Ägypten befreit wurde und durch das Tote Meer musste. In der Taufe stirbt unser alter Mensch. Das wollen wir, weil wir gesehen haben, dass wir aus unserer Kraft nicht leben können, wie es Gott gefällt und nicht gerettet werden. In der Taufe gehen wir durchs Tote Meer.

Wir bekommen Anteil am Sterben Jesu, an seinem Kreuz. „Lasst euch taufen zur Vergebung eurer Sünden“, hat Petrus Pfingsten gepredigt. In der Taufe kommen unsere Sünden ans Kreuz. Wir werden eins mit Christus. Und so wie der alte Mensch mit ihm stirbt, so wird ein Neuer mit ihm geboren. „Wenn wir mit Jesus in seinem Sterben eins werden, dann auch mit seiner Auferstehung.“

Die Taufe ist nach Römer 6 ein Herrschaftswechsel. Wer als Getaufter, wer als Christ, der Sünde gehorcht, gehorcht einer Macht, die ihm nichts mehr zu sagen hat. Wie können wir als Getaufte weiter sündigen wollen? Wollen wir zurück in unser altes Gefängnis? Wollt ihr zurück nach Ägypten? In die Sklaverei?

Wir wissen nicht, wie lange es die Gemeinde in Rom schon gab. Paulus schreibt den Römerbrief 25 Jahre nach dem Tod Jesu. Vielleicht gab es die Christen dort schon seit 20 Jahren, vielleicht auch erst seit 2 Jahren. Das aber kann Paulus voraussetzen: Alle Christen sind getauft! In Jerusalem, in Syrien, in der Türkei, in Griechenland oder in Rom: Ungetaufte Christen gab es nicht. Paulus kann selbstverständlich bei der Taufe ansetzen.

Die Taufe markierte den Wechsel in das Heil und unter die Herrschaft von Jesus Christus. Sie ist ein Symbol. Das Siegel auf den Glauben. Sie ist die Hochzeit mit Jesus Christus, nachdem man ihn kennen und lieben gelernt hat. Eine Hochzeit macht noch keine Ehe. Die Ehe will gelebt werden. Das Wasser allein macht noch keinen Christen. Das ist klar. Der Glaube ist das Entscheidende. „Wer glaubt und getauft wird, der wird gerettet“ lesen wir im Markusevangelium (Mk 16,16), „wer aber nicht glaubt, der wird verloren gehen!“ Der Glaube ist das Eigentliche. Die Taufe ist das Zeichen dafür.

Aber wenn Jesus dir in der Taufe sagt, ich liebe dich, du darfst mir alles kosten, ich werde dir ewig treu sein, ich binde mich an dich und ich binde dich an mich, dann hält er das auch. Wenn Jesus uns dieses Zeichen gegeben hat, dann ist es kein leeres Zeichen. Was er mit der Taufe verbindet, das hält er auch. Die Taufe ist das sichere Zeichen, dass wir wissen, dass wir mit ihm gestorben und auferstanden sind! Martin Luther konnte sagen, wenn er angefochten war, wenn er versucht wurde, nicht auf Gottes Weg zu bleiben: „Baptizatus sum!“ Zu Deutsch: „Ich bin getauft!“ Daran konnte er sich festmachen.

„Das Weizenkorn muss in die Erde fallen und sterben, sonst bleibt es allein. Aber wenn es stirbt, bringt es viel Frucht!“ hat Jesus seine Jünger gelehrt (Johannes 12,24). Ohne Tod geht es nicht. Wir können das alte Leben nicht einfach mitnehmen. Weiterleben, als hätte sich nichts geändert. Wenn das alte Leben nicht stirbt, wird das neue Leben nicht neu. Dann wird es ein aufgemöbeltes altes Leben. Dann wird der alte Adam (oder die alte Eva) nur ein bisschen „geliftet“. Gott will uns nicht ein bisschen Kosmetik schenken, er hat und ein neues Herz geschenkt.

Wer Christ wird und sich taufen lässt, hört auf, sich selber retten zu wollen. Wer sich taufen lässt, kommt von seinem Thron herunter und sie oder er bekennt es: „Ich schaffe es nicht besser zu werden. Ich nehme Gottes Gnade an!“ Die Taufe ist kein Luxus, den man nicht in Anspruch nehmen müsste.  Sie ist auch kein Übel, das man vor sich her schiebt. Wer glaubt, lässt sich taufen. Das Volk Israel musste durchs Tote Meer gehen und sich die Füße nass machen, bevor das Meer sich teilte. Das Heer der Ägypter ist hinter Gottes Volk her.  Aber es hat keine Chance, wenn Gott sein Volk rettet.

Martin Luther hat übersetzt: „Wir werden mit Christus verbunden!“ Das griechische Wort, das da steht, „sumphutoi“, heißt wörtlich zusammengepflanzt, ein- oder aufgepfropft werden in Christus. Wir werden Christus einverleibt. Keiner kann das von sich aus. Es ist Christus selbst, der und in seinen Leib eingliedert. Johannes Calvin, Reformator in Genf, er hat übersetzt: „Wir werden in Christus  eingepflanzt“!   Calvin war die Heiligung wichtig. Das neue Leben. Die Taufe bietet für ihn die Grundlage. Aber aus der Taufe  wächst ein  neues Leben. Allmählich, lehrte er. Nicht plötzlich. Aber wir sind auf neuen Boden gepflanzt. Wir sind in Christus eingepflanzt. Aus ihm ziehen wir nun alles, was wir zum Leben brauchen.

Immer wieder gebraucht Paulus hier diese Worte: „Mit ihm“ sind wir begraben. „Mit ihm“ ist unser alter Mensch gekreuzigt. „Mit ihm“ sind wir gestorben. „Mit ihm“ werden wir leben, auch wenn wir sterben. „Mit ihm!“ Das ist die Mitte unseres Glaubens. Sein Weg ist unser Weg. Seine Erfahrung wird unsere Erfahrung. Seine Kraft wird unsere Kraft. Seine Sendung wird unsere Sendung. Seine Liebe wird meine Liebe. Seine Auferstehung wird unsere Auferstehung.

Die Entscheidung, sich taufen zu lassen, ist auch eine Kapitulation: Wer sich taufen lässt, der bekennt, dass er Jesus braucht! Wer sich taufen lässt, der zeigt öffentlich: Ich brauche es, dass Gott mir gnädig ist. Ich bin des Todes würdig. Ich sitze in der Zelle, lebenslang. Ich kapituliere vor meinen eigenen Versuchen, gerecht zu werden. Wer sich taufen lässt, gibt zu, dass er unwürdig ist. Und damit gibt er Gott die Ehre.

Im Judentum gibt es rituelle Waschungen. Die kann man wiederholen. In der so genannten Mikwe tauchen Juden unter Wasser um sich rituell zu reinigen. Nicht der äußere Schmutz, sondern von ihrem inneren Schmutz wollen sie gereinigt werden. Die Mikwe ist ein Zeichen, dass man um seine Unreinheit weiß und gereinigt werden muss. Die Mikwe kann man wiederholen. Die Taufe ist einmalig. Eben wie eine Hochzeit. Das Abendmahl könnte  man sehen als eine regelmäßige Erinnerung und Erneuerung. Da nehme ich die Gnade Gottes wieder neu an und verspreche mich ihm neu. Wie ein Hochzeitstag, an dem man sich noch einmal seine Liebe verspricht wie ganz am Anfang.

Wir feiern heute kein Abendmahl und keine Taufe. Aber wir können einmal gedanklich zurückgehen zu unserer Taufe. Auch heute wieder erkennen: Ich brauche Gottes Vergebung. Auch heute wieder erkennen: Ich brauche Gottes Erneuerung. Ich brauche seinen Geist. Auch heute wieder die alte Eva oder den alten Adam mit Christus ans Kreuz geben. Auch heute wieder annehmen: Ich bin frei. Ich kann noch, aber ich muss nicht mehr sündigen. Ich bin neu geboren. Auch heute wieder Gottes Liebe annehmen und meine ihm schenken.

Stellt euch einen Fußballspieler vor, der sagen wir mal als Spieler von Hoffenheim nach Hamburg gewechselt ist. Da hat er ein neues Trikot bekommen. Wie dumm wäre er, wie peinlich wäre das, wenn er zum Spiel immer noch im Trikot von Hoffenheim auflaufen würde. Zieht euer neues Trikot an!

Oder stellt euch vor, ihr seid umgezogen. Ihr habt eine viel schönere und größere Wohnung bezogen. Aber immer wieder biegt ihr aus purer Gewohnheit an der Ampel falsch ab, in die falsche Richtung,  dahin, wo ihr einmal gewohnt habt. Wir wohnen nicht mehr im Haus der Sünde, sondern in Gottes Haus. Und das ist viel größer, viel schöner, viel heller als das Haus, in dem wir früher einmal wohnten. Die Taufe war unser Umzug in Gottes Haus. Jetzt sind wir seine Mitbewohner. Höre auf, falsch abzubiegen!

Ich weiß nicht, wer sich vielleicht taufen lassen möchte. Ich finde, der 2. Advent zum Beispiel wäre ein gutes Datum in diesem Jahr. Der 4. Dezember 2022. Einen Taufkurs würde ich vorher anbieten. Advent heißt ja Ankunft. Wenn Jesus bei dir angekommen ist, lass dich taufen. Komme du ganz bei ihm an und lass dir sein Jawort in der Taufe zusagen. Das wird ein Fest, an das du dich in deinem ganzen Leben erinnern kannst.

„Baptizatus sum!“ wie Luther sagte. „Ich bin getauft!“

Amen.

 

 

 

 

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