Wir haben hier keine bleibende Stadt

Liebe Gemeinde,

das neue Jahr liegt vor uns wie ein frisch eingeschneites Schneefeld. Noch ist es unberührt, aber es wartet auf unsere Spuren. Im Rückblick können wir Spuren erkennen, Wege, die wir gegangen sind, manche waren geplant, andere kamen dazu.  An den Spuren im Schnee können wir sehen, wie wir hierhergekommen sind. Jetzt geht es weiter. Was für Spuren werden wir im neuen Jahr hinterlassen?

Viele Pläne wurden im letzten Jahr durch den Virus und die Epidemie umgestoßen. Auch das kommende Jahr fangen wir mit einer gewissen Unsicherheit an. Wie wird es weitergehen?  Was wird sich wie entwickeln? Werden wir in diesem Jahr auch so  vieles  erleben,  mit dem wir nicht gerechnet haben? Was wird es sein? Etwas Schönes? Etwas Schweres? Wir werden planen und es wird gänzlich Überraschendes dazu kommen.

All unser Planen steht unter dem Vorbehalt des Jakobus. Jakobus schreibt in seinem Brief, dass wir planen Geschäfte zu machen oder zu reisen. „Woher wisset ihr denn, was morgen sein wird?“ fragt er dann. Sagt lieber: „Wenn der Herr will und wir leben, dann werden wir dies und das tun.“ (Jak 4, 13-16)

Nicht einmal, dass wir leben, können wir als selbstverständlich voraussetzen. Unser Leben ist geschenkte Zeit und begrenzte Zeit. Wir sind nur Gast auf Erden. „Wir sind Gäste und Fremde auf der Erde (…) und sehnen uns nach der himmlischen Heimat!“ lesen wir im Hebräerbrief (11, 13.16)

Die großen, die entscheidenden Geschehen und Wendungen im kommenden Jahr liegen in Gottes Hand. Da macht uns demütig. Aber das macht uns auch ruhig. Das gibt uns Frieden. Das macht uns nicht untätig. Das nicht. Wir wollen Gutes tun und Gutes planen, aber in dem Wissen, dass unsere Zeit und unsere Kraft  von Gott kommt und er im Regiment sitzt, er uns letzten Endes führt.

„SGwuwl“ vielleicht kennt ihr die Abkürzung des Vorbehaltes des Jakobus: „So Gott will und wie leben.“ SGwuwl. Dann aber schreibt Jakobus:  „Und wer weiß, Gutes zu tun und tut es nicht, dem ist es eine Sünde!“ (nach Jakobus 4,17) Wir sollen also planen und Gutes tun.

Das neue Jahr liegt vor uns wie ein frisches großes Schneefeld. Es wartet auf unsere Spuren. Über ein Wort aus dem Hebräerbrief möchte ich noch mit uns nachdenken: „Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.“ (Hebräer 13,14)

Dieses Wort kann uns helfen, unsere Schritte bewusst zu setzen, eine Richtung vor Augen zu haben und auch neue Wege zu gehen. Die zukünftige Stadt wollen wir suchen. Das heißt, wir wollen danach streben, wir wollen unser Leben danach ausrichten.

Die zukünftige Stadt ist das himmlische Jerusalem, das Leben in voller Gemeinschaft mit Gott. Die zukünftige Stadt ist das Reich Gottes, das vom Himmel herab kommen wird. Da werden Friede und Gerechtigkeit sich küssen. Da werden alle Tränen abgewischt. Da bekommen Unterdrückte, Arme, Leidende ihr Recht und ihr Heil. Da wird Gott gelobt und gepriesen. Dahin sind wir unterwegs!!

Die zukünftige Stadt zu suchen, hilft uns unterscheiden, welche Schritte, welches Leben  jetzt schon in diese Richtung führt. Wir wollen schon hier unter dieser Herrschaft Gottes leben. Auf eine ganz besondere Fährte aber für unsere Spuren in 2021 führt uns der Zusammenhang,  in dem der Satz im Hebräerbrief steht. Ich lese die Verse 11-14. Hört mal zu. Das ist uns zuerst fremd. Aber das hat es in sich!

„Früher brachte der Hohepriester das Blut von Tieren als Opfer für die Sünde in das Heiligtum, doch die Körper der geopferten Tiere selbst wurden außerhalb des Lagers verbrannt. So litt und starb auch Jesus außerhalb der Stadttore, um sein Volk durch sein vergossenes Blut zu heiligen. Lasst uns deshalb zu ihm hinausgehen, vor das Lager, und die Schande tragen, die er auf sich nahm. Denn diese Welt ist nicht unsere Heimat; wir erwarten die zukünftige Stadt im Himmel.“ 

Das verstehen wir nicht so schnell. Die Bilder sind uns fremd. Der Hebräerbrief ist an jüdische Christen geschrieben, die sich mit den jüdischen Opfern auskannten. Aber diese Passage hat es in sich! Wer danach lebt, der wird ganz neue Spuren in seinem Leben hinterlassen!

Der wichtigste Gedanke gleich zu Beginn: Das Opfer findet draußen statt, vor der Stadt, nicht im Tempel. Das Blut wird zwar in den Tempel gebracht, das Tier aber stirbt draußen vor der Stadt. Darum sollen auch wir nach draußen gehen. – Am großen Versöhnungstag nahm der Hohepriester zwei Ziegenböcke. Das Los hat über die Böcke entschieden. Einer musste sterben, vor der Stadt, der andere musste leben, aber in der Wüste. Er wurde verjagt, vertrieben, den bösen Mächten der Wüste anheim gegeben.

So hat auch Jesus außerhalb der Stadttore gelitten  und sein Blut vergossen. So hat er Gott ein Volk geheiligt, ist für ihre Schuld gestorben, hat sie für Gott gereinigt. „Lasst uns deshalb zu ihm hinausgehen, vor das Lager, und die Schande tragen, die er auf sich nahm. Denn hier haben wir keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.“

Die Stadt galt damals als sicherer Ort. Wer nicht in der Stadt lebte, die oder der war verstoßen oder hatte etwas zu verstecken. Draußen wohnten die Gesetzlosen. Und die Wüste war voller Bedrohungen. Vor der Stadt beginnt die Wüste, und in der Wüste hausen Dämonen,  wilde Tiere, Räuberbanden. Niemand verbringt freiwillig eine Nacht  vor den Toren der Stadt oder außerhalb des Lagers. Aber dort draußen hat Gott sich gezeigt. Dort draußen ist Jesus für uns gestorben.

Seit Anbeginn der Geschichte halten Menschen bestimmte Orte für heilige Orte. Dort errichten sie Altäre und Tempel. Jerusalem ist heilig, aber die Wüste ist unrein, voller Versuchungen. „Bleibt lieber im Tempel“, könnte eine Konsequenz sein. Aber Gott kehrt die Sache um. Da, wo niemand gerne hingeht, da wo die Sünder wohnen oder die Aussätzigen, zu denen keiner freiwillig geht, da geht Gott hin. Gerade da, wo das Leben bedroht ist, da ist Gott gegenwärtig.

„12 Darum hat auch Jesus,  damit er das Volk heilige  durch sein eigenes Blut, gelitten draußen vor dem Tor.“  Und dorthin schickt uns der Hebräerbrief: 13 So lasst uns nun zu ihm hinausgehen aus dem Lager und seine Schmach tragen.

So ist das, wenn wir mit Jesus unsere Spuren setzen. Wir verlassen unser Lager. Wir verlassen unsere Sicherheit. Wir gehen Gefahr, geschmäht zu werden. Wir kommen mit Menschen in Kontakt, die gesetzlos sind, die Gott nicht kennen oder ihn vergessen haben. Wir sind bei denen zu finden, die hungert, nach Brot oder nach Gerechtigkeit oder nach Liebe, Kontakt, nach Würde.

„Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.“ Weil wir auf die zukünftige Stadt zugehen, weil wir hier nicht unser Zuhause haben, weil wir hier Gäste und Fremde sind, darum gehen wir direkt hinein in diese Welt, nach draußen vor die Stadt, und suchen der Stadt Bestes. Die Hoffnung also auf die neue himmlische Welt befreit uns zu einem neuen, anderen Leben ganz hier.

Der Hebräerbrief wird ganz praktisch. Im gleichen Kapitel 13 werden Taten, Verhalten, Freiheiten aufgeführt, die einem Leben entsprechen, das das Zukünftige sucht. Das ist ein richtiger Katalog in Kapitel 13:

  • Die Briefempfänger sollen gastfreundlich sein und andere bei sich aufnehmen. (V2) Da ist besonders an Reisende gedacht.
  • Sie sollen so an die Gefangenen denken und sie versorgen, als wären sie selbst im Gefängnis. Sie sollen an Misshandelte denken, als würden sie selbst misshandelt werden. (V3)
  • Sie sollen in der Ehe treu sein, sich von Unzucht und Ehebruch fern halten. (V4).
  • Sie sollen nicht immer mehr haben wollen sondern mit dem auskommen und zufrieden sein, was sie zum Leben haben (V5)
  • Sie sollen Gott vertrauen und keine Menschen fürchten. (V6)
  • Sie sollen Gott in jeder Lebenslage danken und ihn loben. (V15)
  • Sie sollen im Gebet bleiben und ihren Herrn bekennen. (V15)
  • Gutes tun und Teilen sollen sie nicht vergessen (V16)
  • Und das Letzte, was genannt wird, ist für uns vielleicht etwas sperrig oder ergänzungsbedürftig: Sie sollen den Anweisungen der Gemeindevorsteher folgen; dann würden diese ihren Dienst mit Freude tun können.
  • Und zum Ende des Briefes werden wir erinnert, woher unsere Kraft zum Guten kommt. Gott helfe euch, all das Gute zu tun, denn er selbst schafft in euch den Willen und das Vollbringen. (V21)

Das neue Jahr liegt wie ein mit frischem Schnee bedecktes Feld vor uns. Was für Spuren werden wir hinterlassen? Das Eine ist eine  große Überschrift, die unseren Blick und unser Herz verändert: „Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.“ Das Andere sind ganz  praktische  Konsequenzen. Lebenshaltungen, die sich unterscheiden, weil sie aus der Demut und dem Vertrauen zu Gott erwachsen.

Ich glaube, wenn wir genau hinsehen, auf das Schneefeld, das vor uns liegt, jede und jeder auf ihren oder seinen Weg, dann sehen wir auch schon Spuren. Sie führen dorthin, wo Jesus hingeht. Draußen vor die Stadt. Und ihm folgen wir.

Immerhin beten wir da ja auch. So beten wir und so leben wir:

  • Unser Vater im Himmel. – Zu dir sind wir unterwegs.
  • Geheiligt werde dein Name. – Dein Name, dein Wesen, dein Ziel soll uns das Höchste sein. Dazu sind wir geheiligt.
  • Dein Reich komme. – Heute, bei mir, und einmal für alle sichtbar.
  • Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. – Heute bei uns, hier schon, und dann für alle sichtbar.
  • Unser tägliches Brot gib uns heute. – Und zeige uns, wem wir zu seinem oder ihrem täglichen Brot verhelfen sollen.
  • Vergib uns unsere Schuld. – So wie wir denen vergeben, die an uns schuldig werden.
  • Führe und nicht in Versuchung. – Bewahre uns davor, deine Wege zu verlassen, uns in den Tempel zurückzuziehen und nicht nach draußen zu gehen.
  • Erlöse und von dem Bösen. – Von der Lieblosigkeit in uns und von dem Bösen, der uns angreift.
  • Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit. – Jetzt und in Ewigkeit!
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